Situation von lesbischen, schwulen, bisexuellen und transsexuellen Schüler*innen

Anfrage Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (TOP 19.1)

30.08.16 –

Sachverhalt:

Nach wie vor sind Beschimpfungen wie „schwule Sau“ oder „du Lesbe“ an deutschen Schulen auf der Tagesordnung. Lesbische, schwule, bisexuelle oder transsexuelle Jugendliche haben es ausgesprochen schwer, zu ihrer sexuellen Identität zu stehen.

Wir fragen daher die Verwaltung:

1.     Wie wird die Situation von lesbischen, schwulen, bisexuellen und transsexuellen Schüler*innen an den (weiterführenden) Schulen in Osnabrück eingeschätzt? Findet im Rahmen des Schulalltages Ausgrenzung, Beschimpfung, Diskriminierung und Gewalt gegenüber lesbischen, schwulen, bisexuellen und transsexuellen Jugendlichen statt bzw. wird diese dokumentiert?

2.     Wie wird das Thema sexuelle Orientierung bzw. gleichgeschlechtliche Lebensweisen im Rahmen des Unterrichtes oder in Form von Projekten zur Akzeptanzförderung an allen weiterführenden Schulen in Osnabrück thematisiert?

3.     In welcher Form und Umfang finden die für die weiterführenden Schulen in Osnabrück vereinbarten Kontakte und Kooperationen mit außerschulischen Expert*innen zum Thema gleichgeschlechtliche Lebensformen (SchLAu) statt, welche Erfahrungen wurden dabei bisher gemacht und wie könnte die Kooperation verbessert werden?

Um ein Bild in den weiterführenden Schulen zu bekommen, wurde die Anfrage an die Schulen weitergeleitet. In die Abfrage einbezogen wurden die Förder- und die weiterführenden allgemeinbildenden Schulen in Trägerschaft der Stadt Osnabrück. Die Ergebnisse sind zusammengefasst dargestellt.

Zu 1.

Aus der Mehrheit der Rückmeldungen der Schulen wird deutlich, dass dort keine Vorfälle hinsichtlich einer Ausgrenzung, Beschimpfung, Diskriminierung und Gewalt gegenüber lesbischen, schwulen, bisexuellen und transsexuellen Jugendlichen bekannt sind, so dass auch keine Dokumentation erfolgte.

In einer Stellungnahme wurde vorangestellt, dass die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 5 bis. ca. 8 sich erst in ihrer Sexualität entwickeln und entwicklungsbedingt ihre sexuelle Identität noch nicht oder nur sehr selten gefunden haben. Erst ab Jahrgangsstufe 8/9 entwickeln die Schülerinnen und Schüler eine sexuelle Identität, die sich aber durchaus noch ändern kann.

Die in der Anfrage dargestellten Beschimpfungen sind durchaus im Schulalltag an den weiterführenden Schulen anzutreffen, werden jedoch als Beschimpfung oder Beleidigung verwandt, ohne konkrete Hintergründe zu assoziieren. Von allen befragten Schulen wurde zurückgemeldet, dass derartige Beschimpfungen mit der Absicht der Diskriminierung bzw. Ausgrenzungen bisher nicht festgestellt wurden.

In den Rückmeldungen sind von zwei Schulen hingegen positiv verlaufende Reaktionen dokumentiert worden. An einem Standort hat sich ein junges Mädchen offen zu ihrer Homosexualität bekannt. Die Schülerin wurde von der Klassenlehrkraft und einer Mitarbeiterin der Schulsozialarbeit gestärkt und begleitet. Die Situation wurde in den Klassen thematisiert. Die Mitschülerinnen und Mitschüler haben sehr positiv und sensibel auf das Outing reagiert.

An einem anderen Standort hat sich ein Schüler zu seiner Transsexualität bekannt. Auch dort wurde gemeinsam mit dem Beratungslehrer und der Schulleitung ein weiteres Vorgehen im Schulalttag erarbeitet. Es ist durch den offenen Umgang zu keinerlei Ausgrenzungen, Diskriminierungen oder Gewalt gekommen.

Insgesamt lässt sich nach den Auswertungen der Rückmeldungen festhalten, dass derzeit aus Sicht der Schulen keine weitergehende Handlungsrelevanz besteht. Viele sehen hierin kein Thema, was systematisch behandelt werden muss, allerdings auch nicht unterdrückt wird. Dabei wird jedoch auch angemerkt, dass ein Großteil der angesprochenen Jugendlichen sich nicht zwangsläufig outet.

Zu 2.

Nach Auswertung der Antworten der Schulen ist festzuhalten, dass diese Thematik an den weiterführenden Schulen offen behandelt wird. Die Thematisierung erfolgt meistens in den Fächern Religion, Werte/Normen, Politik oder im Biologierunterricht im Rahmen der Sexualerziehung. Dieses geschieht von daher auf der Grundlage der curricularen Vorgaben.

In diesen Fächern erfolgt eine inhaltliche und wertfreie Auseinandersetzung mit gleichgeschlechtlichen Lebensformen und auch mit der gesellschaftlichen Gleichstellung von homosexuellen Paaren. Im Biologieunterricht wird das Thema Sexualität auch unter dem Aspekt der sexuellen Identität bzw. der sexuellen Orientierung besprochen.

Einige Schulen arbeiten in diesem Bereich eng mit Pro Familia zusammen. In diesem Zusammenhang besteht die Möglichkeit, an Unterrichtsangebote der Beratungsstellen teilzunehmen oder Projekt zu gestalten, die sich dieser Thematik widmen. Dabei wird mit den Jugendlichen offen über die Fragen zum Thema „Sexualität“ diskutiert.

Alle Schulen bringen in diesem Zusammenhang zum Ausdruck, dass die Erziehung zu Frieden, Toleranz und Respekt gegenüber den Mitmenschen ein grundsätzlicher Bestandteil der jeweiligen Schulprogramme ist. Im Mittelpunkt steht dabei auch die Wertschätzung und Achtung des Anderen, unabhängig von seiner ethnischen und religiösen Herkunft.

Zu 3.

Die Mehrheit der befragten Schulen hebt die positive und langjährige Zusammenarbeit mit Pro Familia hervor. Insgesamt wird aus Sicht der Schulen diese Form der Kooperation sehr geschätzt und unterstützt.

Daneben bestehen bei einigen Schulen auch weitere Kooperationspartner, die bei dem weitgefassten Thema der Sexualerziehung Unterstützungen anbieten.

Einzelne Schulen sehen sich allerdings mit den vorhandenen Angeboten innerhalb der Schule gut aufgestellt, so dass kein zusätzlicher externer Bedarf bzw. Verbesserungspotentiale gesehen werden.

Einzelne Schulen haben neben Pro Familia auch bereits Kontakt zu der ehrenamtlichen Organisation SchLau aufgesucht. Die Zusammenarbeit wurde insgesamt sehr positiv zurückgemeldet. Eine Schule hat allerdings auch angegeben, dass eine Kooperation nicht zustande gekommen sei, da auf mehrfache Versuche der Kontaktaufnahme keine Rückmeldung erfolgte.

Insgesamt wird von einer Mehrheit der Schulen die Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern sehr geschätzt und als ergänzende Unterstützung angesehen. Dabei steht oftmals der ungezwungene Austausch der Jugendlichen mit Expertinnen und Experten in einem geschützten Raum im Vordergrund.

 

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