Vereinbarkeit von Beruf und Pflege in der heutigen Arbeitswelt

19.06.12 –

Bereits heute werden mehr Pflegebedürftige zu Hause betreut als Kinder unter drei Jahren. Die Tendenz ist steigend. Modellrechnungen des statistischen Bundesamtes zeigen, dass der absehbare demografische Wandel in Deutschland zu 20 Prozent mehr Pflegebedürftigen im Jahr 2020 führt. Damit steigt auch die Zahl der Arbeitnehmer, die ihre berufliche Tätigkeit mit der Pflege eines Angehörigen vereinbaren müssen. Die Auswirkungen wie steigender Krankenstand und sinkende Motivation schlagen sich mit der Zeit negativ auf den Arbeitsbereich nieder. Manche Arbeitnehmer müssen aufgrund der Zeitintensität und körperlichen und seelischen Beanspruchung ihre berufliche Tätigkeit ganz aufgeben. Ohne das Entgegenkommen der Arbeitgeber werden manche Beschäftige den Spagat zwischen Beruf und Pflege in der Regel nicht meistern können. 71 Prozent der deutschen Arbeitgeber können nach einer Umfrage der gemeinnützigen Hertie-Stiftung keine betrieblichen Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege nennen. 62 Prozent haben sich bislang überhaupt nicht damit befasst. Wenn jedoch ein Unternehmen hier nicht vorausschauend handelt, wird es voraussichtlich zu einem Verlust wertvoller Mitarbeiter-/innen kommen und die Attraktivität als Arbeitgeber einbüßen.

 Wir fragen die Verwaltung:

  1. Ist die Verwaltung der Stadt Osnabrück auf diese zunehmende Herausforderung vorbereitet?
  2. Gibt es bereits betriebliche Angebote und Maßnahmen für pflegende Mitarbeiter-/innen in Richtung einer pflegesensiblen Personalpolitik?
  3. Werden die Mitarbeiter-/innen über das Pflegezeitgesetzt informiert?

Die Verwaltung beantwortet die Anfrage wie folgt zu Protokoll:

Zu Frage 1 und Frage 2:

Bereits seit vielen Jahren engagiert sich die Stadt Osnabrück als familienfreundlicher Arbeitgeber für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Sie ist seit 2007 mit dem Gütesiegel „berufundfamilie", verliehen durch das Bundesfamilienministerium, das Bundeswirtschaftsministerium und die Hertie-Stiftung, zertifiziert. Aufgrund des demographischen Wandels ist bei einer steigenden Anzahl von Beschäftigten in den vergangenen Jahren der Bedarf und das Bewusstsein gewachsen für die Herausforderung der Vereinbarkeit von Beruf und Pflege.

Folgende betriebliche Angebote stehen derzeit den pflegenden Mitarbeiter/-innen zur Verfügung:

Beratung und Information:

Bei der Stadt Osnabrück stehen folgende Ansprechpartner / Experten für das Thema „Beruf und Pflege" zur Verfügung:

  • Individuelle Beratungen, allgemeine Informationen und spezifische Auskünfte leistet das Seniorenservicebüro und der Seniorenbeauftragte.
  • Im Bereich der Altenhilfe / Hilfe zur Pflege kann bei Fragen und Probleme unterschiedlicher Art, die sich aus der besonderen Lebenssituation des alten Menschen ergeben, z.B. Vermittlung von ambulanten und teilstationären Hilfen, eine Beratung bei der im Fachbereich Soziales und Gesundheit angesiedelten Beratungsstelle abgerufen werden.
  • Informationen über Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen sowie Betreuung von bevollmächtigten Personen bietet die im Fachbereich Soziales und Gesundheit angesiedelte Beratungsstelle.
  • Die Schwerbehindertenvertretung unterstützt beschäftigte bei Anträgen bei zuständigen Behörden.
  • Für Beratung im Bereich Beurlaubung, Teilzeitregelungen etc. durch die Personalwirtschaft und Personalbuchhaltung
  • Für die vielfältige Unterstützung und vertrauliche Beratung zur Entwicklung eigener Lösungen für private und / oder berufliche Fragen oder Probleme durch die Stelle für Personalberatung und Konfliktklärung.

Alle Anlaufstellen sind zentral im Intranet zusammengefasst, so dass ein Überblick über die Informationsmöglichkeiten besteht.

Darüber hinaus bieten die verschiedenen Ansprechpartner / -innen im Rahmen des städtischen Fortbildungsangebotes die Informationsveranstaltung „Pflegebedürftig" Wer hilft? Was tun?" an, um mit den Teilnehmer / -innen Strategien zu entwickeln, wie Beruf und Pflege in Einklang gebracht werden kann. Außerdem können weitere Fortbildungsangebote aus dem Bereich der ganzheitlichen Gesundheitsförderung, z. B. hinsichtlich möglicher Strategien zum Stressabbau, als Unterstützung herangezogen werden.

Flexible Arbeitszeit und -organisation:

Für alle Mitarbeiter/-innen besteht in Abstimmung mit dem Vorgesetzten , die Möglichkeit, die eigene Arbeitszeit im Rahmen von 6.00 bis 20.00 Uhr flexibel zu gestalten Bei erkennbarer längerer Pflegezeit sind im Rahmen der grundsätzlichen Regelungen längerfristige Stundenreduzierungen (Teilzeit) oder Beurlaubungen möglich. Weiterhin besteht die Möglichkeit, das „Lebensarbeitszeitkonto" zu nutzen. Hierbei werden Plusstunden angesammelt, die dann je nach Bedürfnis flexibel tageweise aber auch für eine längere Abwesenheit durch bezahlte Freistellung wieder abgebaut werden. Darüber hinaus kann in Ausnahmefällen, wie z. B. der Betreuungssituation von Kindern oder der Pflegesituation der Beschäftigten, die Option der alternierenden Telearbeit vereinbart werden.

In der Mitarbeiter/-innenbefragung 2011 wurden die Fragestellungen gezielt eingesetzt, wie zufrieden die Mitarbeiter/-innen mit den Möglichkeiten der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind und inwieweit speziell die Beratungs- und Unterstützungsangebote für Beschäftigte mit pflegebedürftigen Angehörigen bekannt sind. Als Ergebnis kann zusammengefasst festgestellt werden, dass grundsätzlich eine große Zufriedenheit hinsichtlich der Angebote besteht. Hinsichtlich der Bekanntheit der Beratungs- und Unterstützungsangebote bei der Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger besteht ein intensiver Informationsbedarf.

Aus diesem Grund wird aktuell durch die Personalentwicklung und die Experten (s.o.) unter Beteiligung von betroffenen Mitarbeiter/-innen erarbeitet, inwieweit durch vertiefte Informationsmaterialien und –veranstaltungen ein breiterer Bekanntheitsgrad für die vorhandenen Angebote geschaffen werden kann. Zudem werden in Führungskräfteveranstaltungen Führungskräfte gezielt über Unterstützungsmöglichkeiten informiert.

Zu Frage 3:

Wie bereits zu den Fragen 1 und 2 mitgeteilt, gibt es für die Mitarbeiter- /innen eine Vielzahl von Informations- und Beratungsmöglichkeiten, in denen auch die gesetzlichen Möglichkeiten behandelt werden. Über die Freistellungsmöglichkeiten nach dem Pflegezeitgesetz (kurzzeitige Arbeitsbefreiung, bis zu 6-monatige Freistellung) sind die Mitarbeiter-/innen außerdem nach dem in Kraft treten des Pflegezeitgesetzes im Jahre 2008 durch Rundschreiben informiert worden. Über die weiteren Möglichkeiten einer befristeten Arbeitszeitreduzierung nach dem Familienpflegezeitgesetz wird voraussichtlich im Juni ebenfalls durch Rundschreiben informiert, nachdem geklärt ist, wie die ersten Empfehlungen des Kommunalen Arbeitgeberverbandes (KAV) bei der Stadtverwaltung umgesetzt werden sollten.

 

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Anfrage | Soziales

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