Wir müssen Osnabrück fit für die Klimakrisen machen! - Rede zum Haushalt 2019 des Fraktionsvorsitzenden Volker Bajus

04.12.18 –

Zunächst möchte ich mich ganz herzlich bei allen Beteiligten bedanken. Also, bei den Kolleg*innen für sachliche und faire Verhandlungen, dem Vorstand und den Mitarbeiter*innen der Fachabteilungen, die unsere Verhandlungen begleitet, protokolliert und viele Fragen beantwortet haben, stellvertretend bei Herrn Hänsler und Herrn Schäfer.

Und da ja bekanntlich in der Politik nur selten gelobt wird, möchte ich die Chance nutzen, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Verwaltung und bei den Töchtern der Stadt für ihren alltäglichen Einsatz zu danken. 20 Jahre Sparhaushalte waren und sind eine Belastung gerade auch für das Personal und ich bin froh und dankbar, dass so viele diese Herausforderung konstruktiv angenommen haben.

Der größte Dank gebührt wohl denjenigen, die mit ihrem Geld unsere gute Einnahmesituation erst ermöglichen, also den vielen ganz normalen Steuerzahlerinnen und Gebührenzahlern.

„Ehrlich Steuern zahlen“ sollte doch eigentlich ganz normal sein. Zweifel werden da aber wach, angesichts des systematischen Steuerbetrugs von CUM-Ex und Cum Cum-Mafia oder den Geldwäschevorwürfen gegen große deutsche Banken. Was denken wohl der Handwerksbetrieb, das mittelständische Metallbau-Unternehmen oder der kleine Buchhändler in OS darüber, die ehrlich und brav 100 Mio. Gewerbesteuer zum Wohl der Stadt beisteuern. Was müssen die denken, wenn sie hören, dass Giganten wie Apple 2016 in ganz Deutschland gerademal 25 Mio. Euro Steuern gezahlt hat (laut FAZ) und Amazon EU-weit sogar nur 18 Mio. Euro (laut Guardian).

In der aktuellen, überfälligen Debatte um Hartz IV ist ja häufig von „sozialer Hängematte“ die Rede. Im Ernst, „Sozialschmarotzer“, die nur richtig „zu fordern“ wären, das sind doch nicht die Bezieher von Hartz-IV? Das sind die Profiteure organisierter Steuerhinterziehung, die unser System skrupellos ausnutzen und damit Demokratie kaputt machen.

Es kann nicht sein, dass sich die Meinung verbreitet, „nur die Kleinen zahlen Steuern“. Es ist dringend an der Zeit, dass EU und Bund die Gerechtigkeitslücken schließen und das Land den Steuer-Vollzug konsequenter kontrolliert.

Eine weitere Gefahr für den sozialen Frieden ist die prekäre Lage am Wohnungsmarkt. Für die gibt es viele Gründe. Die positive Bevölkerungsentwicklung, mangelnde Motivation vieler Bauflächenbesitzer, die jahrzehntelange Vernachlässigung des sozialen Wohnungsbaus.

Immerhin gehen wir das Thema dank Konversionsflächen und Handlungsprogramm bezahlbarem Wohnraum seit einigen Jahren an. Das reicht aber leider nicht.

Auch bei uns ist eine Mietpreisspirale in Gang gekommen, die angetrieben wird, von jenen, die massive Mieterhöhungen ohne Rücksicht auf die Mieter durchsetzen und die schwierige Markt-Lage ausnutzen.

Eigentlich heißt es im Grundgesetz, dass Eigentum verpflichtet. Das hält aber Deutschlands größten Vermieter Vonovia nicht davon ab, bundesweit, wie auch in Osnabrück, Schlagzeilen als „Abzocker“ zu machen, dem es um Rendite und Aktionärsprofite geht. Ein Ruf der durch Anteilseigener wie Blackrock Deutschland, deren Aufsichtsratsvorsitzender übrigens gerade CDU-Vorsitzender und Kanzler werden will, unterstrichen wird.

Wir brauchen dringend mehr bezahlbaren Wohnraum, um diese Schieflage zu korrigieren. Keiner kann allen Ernstes anonymen Konzernen, die schon unsere OWG nie hätten bekommen dürfen, den Wohnungsmarkt überlassen. Wir müssen Einfluss auf die Mietpreisentwicklung nehmen und das geht nicht dadurch, dass wir wie verrückt Bauland ausweisen. Wir dürfen das Recht auf Wohnen nicht der Renditelogik großer Anleger überlassen.

Nein, wir müssen das selber machen. Öffentliche Gelder in öffentliche Hände, um auf öffentlichem Grund bezahlbaren Wohnraum für alle zu schaffen. Deswegen wäre es richtig, wenn dieser Haushalt endlich auch den Start einer kommunalen Wohnungsgesellschaft vorsehen würde.

Eine kommunale Wohnungsgesellschaft wäre nicht nur für die soziale Mischung im Quartier hilfreich, sondern auch für eine klimaoptimierte Bauplanung.

Der jüngst erschienene, alarmierende Bericht des Weltklimarats lässt uns mit Sorge zum Klimagipfel nach Polen schauen. Ein Dürre- und Hitzesommer liegt hinter uns. Nehmen wir die Signale endlich ernst. Wenn wir Frischluftflächen bebauen, dann sind die für viele Generationen verloren. Wir müssen daher lernen, viel flächeneffizienter zu bauen. Augen zu, Luft anhalten, Planung durchziehen, das ist doch keine vernünftige Option.

Wir müssen Osnabrück fit für die Klimakrisen machen. Daher legen wir auf GRÜNE Initiative erstmals ein Begrünungs-Sonderprogramm auf. 500 Bäume sind ein guter Anfang. Dazu gibt es ein Förderprogramm für Dachbegrünung. Danke an die anderen Fraktionen für die Unterstützung.

Das Schlusslicht beim weltweiten Klimaschutz ist der Verkehr. Die wachsende Mobilität verlangt dringend eine effizientere Nutzung des begrenzten Straßenraumes. Deswegen weiten wir das Busnetz mit über 2,5 Mio. Euro jährlich aus. 41 Mio. Euro investieren wir bis 2022 in abgasfreie Busse. Und in die Busbeschleunigung geben wir noch mal extra Geld. Das ist ein Riesenschritt für den ÖPNV. Im gleichen Zeitraum bauen wir das Radwegenetz mit 34 Mio. Euro aus. Der Etat für Rad- und Fußwegesicherheit und für Radbügel steigt in 2019 um über 50 %.

Das ist nicht nur klimapolitisch sinnvoll, sondern auch mit Blick auf Gesundheit und Lebensqualität vernünftig. Wenn wir die Erreichbarkeit der Innenstadt verbessern und den Autoverkehr und uns alle vom Stau entlasten wollen, brauchen wir viel mehr Bus- und Radverkehr. Beides werden wir daher auch in Zukunft noch mehr fördern müssen.

Wohnbau, Schulsanierung und Kita-Bau, Verkehrswende und Digitalisierung, das alles geht nicht ohne Baustellen. Unser Appell: Schluss mit der Meckerei, freuen wir uns über mutige Zukunftsinvestitionen. Klar, wir müssen die Baustellenorganisation optimieren. Mehr Vernunft und Sachlichkeit und ein Ende der teils abstrusen, persönlichen Angriffe würde Osnabrück und der Suche nach Lösungen guttun.

Das im letzten Jahr mit 80 Mio. Euro dotierte Schulsanierungsprogramm führen wir konsequent fort. Wir brauchen aber auch Klarheit über die zukünftige Schulstruktur. Dazu werden wir die Weiterentwicklung des Schulentwicklungsplans im kommenden Jahr intensiv vorantreiben. Gleiches gilt für die Sportstätten.

Auch für den Ausbau der Kinderbetreuung wurden die Ausgaben kräftig erhöht. Von 24,3 Mio. Euro in 2010 auf über 52 Mio. Euro in 2019. Gut angelegtes Geld! Aber, die weitere Freistellung der Eltern von Gebühren können wir als Kommune nicht auch noch tragen. Zumal die Bedürftigsten davon nicht mal profitieren würden, da einkommensschwache Haushalte ohnehin befreit sind. Wo das von SPD und CDU regierte Land ausfällt, können wir nicht den Ausputzer machen. Das gilt ebenso für das vom Stadtschülerrat geforderte Sek-II-Schüler-Busticket.

Last but not Least noch ein Wort zur Kultur Das, was Osnabrück besonders und anziehend macht, ist das wirklich großartige Kulturangebot. Dem haben wir in den letzten 20 Jahren Sparen sehr viel zugemutet. Die 2 Mio. Euro mehr sind daher völlig berechtigt. Das ist auch deswegen gut, weil wir ein starkes, lebendiges Oberzentrum bleiben wollen. Wer sich um die Attraktivität Osnabrücks sorgt, der muss Kultur beleben. GRÜNE Politik tut das. Dazu später mehr von Herrn Bracke.

Glückliche Umstände und gute Rahmenbedingungen haben die Haushaltsberatungen dieses Jahr erleichtert. Das kann sich schneller ändern, als uns lieb ist. Deswegen haben wir GRÜNE bei allen berechtigten Mehrbedarfen und Wünschen Maß gehalten.

GRÜNE Politik ist ökologisch und nachhaltig und steht für die Lebensqualität in unserer schönen Stadt. GRÜNE Verantwortung heißt nicht nur Einsatz für saubere Luft, bezahlbares Wohnen, sozialen Zusammenhalt, gute Bildung, sicheren Verkehr und tolle Kultur, sondern auch für solide Finanzen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

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