Teileinziehung der Straße Neumarkt und Teilbereich Neuer Graben

Änderungsantrag Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, SPD, FDP, Die LINKE, UWG-Piraten zum TOP 9.6 Rat 30.05.2017 und TOP 3.1 Stadtentwicklungsausschuss 11.05.2017

30.05.17 –

Beschluss:

Der Rat beschließt:

I. Auf Basis des Beschlusses des Rates der Stadt Osnabrück vom 30.08.2016 und den in Anlage 1 beigefügten Abwägungen beschließt der Rat, die Straße Neumarkt (Gemarkung Osnabrück, Flur 90, Flurstück 91/9 teilweise und Flurstück 46/12 teilweise) zwischen Neuer Graben und Kollegienwall sowie einen Teilbereich Neuer Graben (Gemarkung Osnabrück, Flur 90, Flurstücke 89/4, 89/1 und 21/10 teilweise) zwischen Lyrastraße und Neumarkt teileinzuziehen.

II. für den in dem anliegenden Lageplan gekennzeichneten (gestrichelt umrandeten) Bereich erfolgt eine Beschränkung der Nutzung auf:

- öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) ohne Taxen und Mietwagen

- Lieferverkehr in der Zeit von 06:00 Uhr bis 10:30 Uhr

-den Fußgänger- und Fahrradverkehr

III. Die Verwaltung wird beauftragt, die für die Teileinziehung notwendigen Verfahrensschritte einzuleiten.

IV. den entsprechend der Abwägungsentscheidung durchzuführenden Einbau von passivem Lärmschutz in Teilen des Wallringes umzusetzen.

Sachverhalt:

Der Rat hat in seinen Sitzungen am 05.04.2016, 10.05.2016 und 30.08.2016 die Verwaltung beauftragt, die notwendigen Verfahrensschritte zu einer Teileinziehung des Neumarktes zwischen Kollegienwall und Lyrastraße (s. beigefügter Lageplan) einzuleiten und dem Rat eine Beschlussvorlage dazu vorzulegen.

Auf Grundlage des Ratsbeschlusses vom 30.08.2016 hat die Verwaltung die Ankündigung der Teileinziehung der Straße Neumarkt zwischen Neuer Graben und Kollegienwall sowie eines Teilstückes Neuer Grabenzwischen Lyrastraße und Neumarkt am 13.09.2016 gem. § 8 Abs. 2 Nds. Straßengesetz bekannt gegeben. Innerhalb der dreimonatigen Einspruchsfrist wurden insgesamt 18 Bedenken und Anregungen (Einwendungen) fristgerecht beim Fachbereich Geodaten und Verkehrsanlagen vorgelegt. (siehe Anlage).

Zur Sitzung am 14.03.2017 hat die Verwaltung der Vertretung vorgeschlagen zu beschließen, dass das Teileinziehungsverfahren zügig fortgeführt und dem Rat sodann ein Vorschlag zu einem Beschluss gemacht wird. Der Rat hat den folgenden abweichenden Beschluss gefasst:

„Die Verwaltung wird aufgefordert in der Sache dem Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt für die Sitzung am 30.03.2017 und dem Rat für die Sitzung am 25.04.2017 einen Beschlussvorschlag zur Beratung und Entscheidung vorzulegen, der das Ziel verfolgt, eine Teileinziehung am Neumarkt und am Teilbereich Neuer Graben zu erreichen“.

I. Voraussetzungen der Teileinziehung

Die Teileinziehung einer Straße soll angeordnet werden, wenn nachträglich Beschränkungen der Widmung auf bestimmte Benutzungsarten oder Benutzerkreise aus überwiegenden Gründen des öffentlichen Wohls festgelegt werden. (§ 8 Abs. 1 Satz 2 NStrG).

Vorbemerkung:

Bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine Teileinziehung vorliegen, waren hier insbesondere drei Themenkomplexe einzubeziehen

- Stadtentwicklungspolitische Gesichtspunkte und Aufenthaltsqualität

- Gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse in der Innenstadt (Lärm und Lufthygiene)

- Erreichbarkeit der Innenstadt

Bei dem im Stadtzentrum gelegenen Neumarkt handelt es sich, um einen zentralen Platz zwischen nördlicher und südlicher Innenstadt von Osnabrück. Damit bildet der Neumarkt die Schnittstelle zwischen Alt- und Neustadt in Osnabrück. Der Neue Graben/Neumarkt durchquert den von einer Ringstraße (Wallring) umgebenen, zentralen Innenstadtbereich der Stadt und trennt mit dem Fußgängerbereich „Große Straße“ im Norden und der „Johannisstraße“ im Süden zwei wichtige innerstädtische Einkaufsbereiche voneinander und entfaltet insofern heute eine beachtliche Barrierewirkung.

Bereits seit einigen Jahren strebt die Stadt eine städtebauliche und verkehrliche Neuordnung des Neumarkts an. Hierzu sind in der Vergangenheit verschiedene Machbarkeitsstudien erarbeitet und Verkehrsuntersuchungen durchgeführt worden. Diese kamen mehr oder weniger unisono zu dem Ergebnis, dass es neben einer städtebaulichen Aufwertung insbesondere einer verkehrlichen Entlastung des Neumarkts in Form der Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs bedarf. Bereits das Bürgergutachten aus dem Jahre 2001 sprach sich für eine Sperrung des Neumarktes für den motorisierten Individualverkehr aus.

Zuletzt ist im Jahr 2013 ein freiraumplanerischer Realisierungswettbewerb durchgeführt worden. Die Idee des Siegerentwurfs besteht darin, die bisher durch die „Schneise“ der Verkehrsachse getrennten Citybereiche nördlich und südlich des Neumarktes miteinander zu „verweben“.

Diese Ideen hat die Stadt mit dem am 08.08.2014 in Kraft getretenen Bebauungsplan „Neumarkt“ aufgegriffen. Ausweislich der Planbegründung verfolgt die Stadt damit vorrangig das Ziel, die Verkehrsachse zwischen Großer Straße und Johannisstraße verkehrlich zu entlasten und die Barrierewirkung so weit wie möglich aufzuheben, so dass der Neumarkt künftig eine seiner Lage im Zentrum der Stadt angemessene Aufenthaltsqualität besitzt.

Den Neumarkt selbst setzt der B-Pan gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB als „öffentliche Straßenverkehrsfläche“ fest. Angrenzende Plangebiete (z.B. Kamp, Große Hamkenstraße, Große Straße) sind als „öffentliche Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung: „Fussgängerbereich“ festgesetzt. In der Planbegründung heißt es dazu wörtlich: „Hinsichtlich der vorhandenen und zukünftigen öffentlichen Verkehrsflächen soll der Bebauungsplan einen maximalen Gestaltungsspielraum eröffnen, um eine Umsetzung der Ergebnisse des freiraumplanerischen Realisierungswettbewerbs „Neugestaltung Neumarkt/Johannisstraße“ (2013) nicht zu gefährden.

Im Masterplan Mobiltät von 2010 wurde eine schrittweise Vorgehensweise (dreistufiges Modell) zur Reduzierung des Individualverkehrs vorgeschlagen. Neuere Erkenntnisse aus der baustellenbedingten Sperrung haben gezeigt, dass der Ausschluss des MIV auch ohne die im Masterplan Mobilität geforderten Rahmenbedingen möglich ist. Der Masterplan muss entsprechend fortgeschrieben werden.

Der Bedeutung des Neumarktes als zentraler Platz entspricht, dass er von nahezu allen Buslinien angefahren wird und somit den zentralen Umsteigebahnhof für den öffentlichen Personennahverkehr im Zentrum von Osnabrück bildet. 48.000 Bus-Fahrgäste frequentieren täglich den Neumarkt, davon halten sich insgesamt 37.000 Personen als Einsteiger, Aussteiger oder Umsteiger mehr oder weniger lange am Neumarkt auf; 11.000 Personen sind Durchfahrer.

Hinzu kommen tausende von Fußgängern (lt. 5. Handelsmonitor 2017 bis zu .1,2 Mio. Passanten monatlich vor H+M und bis zu 800.000 in der Johannisstraße) und Radfahrern. Zusätzlich wird der Neumarkt derzeit täglich mit ca. 17.000 Durchfahrten des motorisierten Individualverkehrs belastet, wovon ein erheblicher Teil als reiner Durchgangsverkehr zu bezeichnen ist, der weder Ausgangspunkt noch Ziel in der Innenstadt hat. Die Zahl der Personen, die in Zukunft den Neumarkt frequentieren, wird sich mit der durch die vielfältigen durchgeführten bzw. in Planung befindlichen Investitionen in 3-stelliger Millionenhöhe in neue und bestehende Immobilien, die zugleich die städtebaulichen Qualität verbessern, noch deutlich erhöhen.

Auf der Grundlage städtebaulicher Planungen soll mit der Neugestaltung der öffentlichen Fläche und des Verkehrsraumes der Neumarkt insgesamt städtebaulich aufgewertet werden.

Auftrag des Rates war, ein Verfahren durchzuführen, das eine Teileinziehung gemäß § 8 Abs. (1) Satz 2 NStrG zum Ziel hat, die den Neumarkt vom Durchgangsverkehr des MIV entlastet und so die angestrebte städtebauliche Qualität unterstützt. Diese Teilentwidmung kann nur erfolgen, wenn überwiegende Gründe des öffentlichen Wohls vorliegen (s.o.).

Weitere planerische Rahmenbedingungen:

Neben den unter „Vorbemerkungen“ bereits aufgeführten Rahmenbedingungen gelten folgende Eckpunkte für die weitere Planung:

Die straßenrechtliche Teileinziehung soll der zugrunde liegenden, städtebaulichen Zielvorstellung dienen, die Innenstadt von bestimmten Verkehrsarten zu entlasten und damit folgerichtig auch in die vorbereitende Bauleitplanung der Stadt Eingang finden.

Parallel zur Durchführung des Teileinziehungsverfahrens hat der Rat daher die Verwaltung beauftragt, für den Bereich Neumarkt/Neuer Graben, der im aktuellen Flächennutzungsplan der Stadt Osnabrück aus dem Jahr 2001 als ‚sonstige überörtliche oder örtliche Hauptverkehrsstraße‘ dargestellt wird, entsprechende Änderungsverfahren des Flächennutzungsplanes und des Bebauungsplanes Nr. 525 ‑ Neumarkt ‑ durchzuführen (Beschluss vom 30.08.2016). Die frühzeitige Beteiligung der Behörden und der Öffentlichkeit wurde in der Zeit vom 19.12.2016 bis zum 03.02.2017 durchgeführt. Gegenstand der Änderungsverfahrens ist die Aufhebung der Darstellung des Straßenzuges Neuer Graben ‑ Neumarkt ‑ Wittekindstraße als Hauptverkehrsstraße sowie unter anderem eine spezifizierte Festsetzung der öffentlichen Verkehrsfläche im Bebauungsplan (Verkehrsfläche mit bes. Zweckbestimmung; Beschränkung des MIV auf folgenden Benutzerkreis:

- öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) ohne Taxen und Mietwagen

- Anlieger-/Anlieferverkehr zu bestimmten Zeiten

Der Fußgänger- und Fahrradverkehr bleibt unbeschränkt).

Der im Jahr 2016 dem Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt vorgelegte Entwurf zum Radverkehrsplan 2030 sieht in der Netzbetrachtung eine Hauptroute des Radverkehrs über den Neumarkt vor.

Im Verfahren ist deutlich geworden, dass die Teileinziehung räumlich über das Plangebiet hinaus gehende Auswirkungen haben wird, so dass in die Abwägung auch die Auswirkungen auf weitere Teile der Innenstadt zu berücksichtigen sind.

Für die Teileinziehung sprechende Gründe des öffentlichen Wohls:

- Stadtentwicklungspolitische und städtebauliche Gesichtspunkte, wie das Zusammenwachsen der Innenstadt durch Aufhebung der Barrierewirkung des Neumarktes und Verbesserung der Aufenthaltsqualität durch Reduktion der Verkehrsmengen.

- Bessere Anbindung zwischen Fußgängerzone „Große Straße“ und Johannisstraße

- Reduzierung des Gesamtverkehrs in der Innenstadt durch weiträumigere Verlagerung eines erheblichen Teils des Durchgangsverkehrsaufkommens

- Entlastung von Knotenpunkten

- Reduzierung der Luftschadstoffe und der Lärmemissionen über den eigentlich teileinzuziehenden Bereich des Neumarktes hinaus in der gesamten Innenstadt.

- Stärkung der Innenstadt und des Einzelhandelsstandorts.

- Die Erhöhung der Verkehrssicherheit für Radfahrer.

Gegen die Teileinziehung sprechende Gründe des öffentlichen Wohls

- Teilweise Verkehrsverlagerung auf andere innerstädtische Straßenabschnitte, unter anderem auf den Wallring.

- Höhere Verkehrsbelastung an einigen Knotenpunkten des Wallringes verbunden mit tlw. längeren Fahrwegen bzw. Fahrzeiten.

- Dadurch bedingte Erhöhung der Emissionswerte durch Lärm und Luftschadstoffe auf Teilen des Straßennetzes infolge der veränderten Verkehrsbeziehungen.

- Einschränkung der Ost-West Beziehungen für den MIV sowie der direkten Erreichbarkeit von Teilen der Innenstadt aus bestimmten Richtungen.

II. Gewichtung und Abwägung

1. Anliegergebrauch (vgl. auch die Einwendung unter „Thema 1: Rechte unmittelbar betroffener Anlieger“ in der Anlage, S. 2)

Der sogenannte Anliegergebrauch der Straßenanlieger Neumarkt 2 ‑ 14 und Neuer Graben 7, 9, 11, 13, 15, 17, 20 und 22 bleibt in der Art gewährleistet, dass der Zugang zur Straße uneingeschränkt möglich ist. Weil bisher keine Zufahrten auf die Grundstücke bestehen, verschlechtert sich die Situation für die Anlieger nicht und es verbleiben für die Erreichbarkeit mit Kraftfahrzeugen ausreichende Möglichkeiten. Der Lieferverkehr wird grundsätzlich innerhalb der festgelegten Zeiten zugelassen. Diese entsprechen den Anlieferungszeiten der Fußgängerzone „Große Straße“. Damit ist die angemessene Nutzung des Grundeigentums weiterhin gewährleistet.

2. Verlagerung der Verkehrsströme

Die Auswirkungen der Sperrung für den motorisierten Individualverkehr sind in Bezug auf die notwendigen Umfahrungen bereits „erprobt“. Während der baustellenbedingten Sperrung des MIV vom 02. Juni 2014 bis zum 18. Februar 2016 (Tunnelrückbau) und der weiteren Sperrung vom 18. Juli 2016 bis Ende Oktober 2016 (Kanalbaustelle) wurden die Verkehrsströme mit Durchfahrtscharakter, soweit sie die Innenstadt erreichten, jeweils per Beschilderung über den Wallring umgeleitet.

Zur qualifizierten Beurteilung der veränderten Verkehrsströme hat das Ingenieurbüro TSC im Jahr 2015 mehrere verkehrstechnische Untersuchungen durchgeführt. Es hat sich gezeigt, dass an 8 von 10 Knotenpunkten bessere Verkehrsqualitäten als vor der Neumarkt-Sperrung erreicht wurden. An zwei Knotenpunkten verschlechtern sich die Qualitätsstufen von C auf D.

Die Reisezeiten auf dem Wallring haben sich teilweise verschlechtert, teilweise aber auch verbessert.

Laut vergleichender Untersuchung der Verkehre vor und während der Neumarktsperrung sind während der Neumarktsperrung von den vorher am Neumarkt gezählten 25.000 Autos lediglich 5.000 auf den Schlosswall ausgewichen (vg. auch Verwaltungsvorlage für den STUA am 30.03.2017) und deutlich weniger auf den nördlichen Wallring. Hierzu heißt es im Protokoll über die Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses vom 18.02.2016 in der Aussage des Verkehrsplaners Jörg Herold vom Verkehrsplanungsbüro TSC: „Es könne aber gesagt werden, dass ein großer Teil der Verkehrsteilnehmer während der Sperrung des Neumarkts sich andere Wege gesucht habe, als über den Wallring zu fahren“. Dabei ist jedoch auszuschließen, dass sich täglich weit über 10.000 Fahrzeuge sogen. „Schleichwege“ gesucht haben, da dies zu auffälligen Belastungsveränderungen in verschiedenen Straßen hätte führen müssen, die aber nicht feststellbar gewesen waren.

Logischer Schluss ist deshalb, dass sich ein Großteil des Durchgangsverkehrs einen weitläufigeren Weg um die Stadt herum gesucht hat bzw. suchen wird, z.B. über die A1 und die A30 sowie die A33, und damit die Gesamtverkehrsbelastung in der Innenstadt deutlich gesunken ist bzw. nach einer Sperrung wieder sinken wird.

Auch werden einige ehemalige MIV-Nutzer auf den ÖPNV und/oder das Fahrrad mit derselben entlastenden Wirkung auf das Verkehrsaufkommen umgestiegen sein bzw. umsteigen.

Die Verkehrsberuhigung des Neumarktes trägt also nach allen Erkenntnissen zu einer Entlastung der Gesamtinnenstadt vom Durchgangsverkehr bei.

3. Erreichbarkeit

Die Funktion der Stadt als Oberzentrum erfordert auch eine gute Erreichbarkeit der Stadt mit dem PKW. Alle Infrastruktureinrichtungen und Parkhäuser sind auch nach der Teilentwidmung weiterhin uneingeschränkt mit allen Verkehrsmitteln erreichbar. Darüber hinaus ist bei der bestehenden verkehrlichen Infrastruktur, der Anbindung an das Schienennetz, dem Umlandverkehrsverbund des ÖPNV, wie auch den BAB-Anschlüssen und dem überörtlichen klassifizierten Straßennetz die Erreichbarkeit der Innenstadt gewährleistet.

4. Veränderung der Lärmimmissionen

Grundsätzlich ist das Lärmniveau auf dem Wallring als sehr hoch einzustufen, da an fast allen Gebäuden Schallpegel ermittelt wurden, die über den Richtwerten von 70/60 dB (A) bzw. 72/62 dB (A) Tag/Nacht der Lärmschutzrichtlinien-StV liegen. Somit besteht hier auch ohne Neumarktsperrung gemäß Lärmaktionsplan Handlungsbedarf.

Lt. Der Verkehrsprognose für 2030 steigen die Beurteilungspegel weiter an, sofern keine steuernden Maßnahmen ergriffen werden. In den beiden Abschnitten Johannistorwall und Petersburger Wall ist die Zunahme als wesentlich einzuschätzen, da die Beurteilungspegel um 3 dB steigen. In anderen Bereichen liegt die Steigerung zwischen 1 und 2 dB (A). Auf dem Erich-Maria-Remarque-Ring ergibt sich keine Veränderung. Von der Erhöhung der Schallpegel sind insgesamt ca. 2.250 direkte Anwohner am Wallring betroffen.

Nach herrschender Rechtsprechung sind Beurteilungspegel, die über 70/60 dB (A) Tag/Nacht liegen, als gesundheitsschädlich einzustufen. Dies gilt für den gesamten Wall, bis auf die Wallabschnitte ´Natruper-Tor-Wall´ und `Erich-Maria-Remarque-Ring´ zwischen Karlstraße und Hasetor, die mit und ohne Neumarktsperrung die Sanierungswerte gemäß der Lärmschutzrichtlinie nicht überschreiten, sowie am Konrad-Adenauer-Ring ohne Neumarktsperrung. An den übrigen Abschnitten des Walls werden die Sanierungswerte nach einer möglichen Sperrung des Neumarktes demgemäß somit weiterhin überschritten; am Konrad-Adenauer-Ring erstmalig. Hinter der Größenordnung einer Zunahme von 3 dB (A) an Johannistorwall (Abschnitt Kommenderiestraße/Johannisstraße) und Petersburger Wall stehen z.T. für 2030 prognostizierte Verkehrsmengenzunahmen (von DTV 14.000 auf 22.600 bzw. DTV 13.700 auf 24.300).

Gemäß dem vorliegenden schalltechnischen Gutachten wird demgegenüber eine Reduzierung des Lärms um 3 dB(A) im Bereich des Neumarktes prognostiziert, wovon 109 Anwohner und etwa 50.000 Personen, die sich täglich am Neumarkt aufhalten, profitieren würden.

Demzufolge sind auch lt. herrschender Rechtsprechung für die Bereiche mit einer Lärmerhöhung Maßnahmen zur Reduzierung des Lärms erforderlich. Neben Maßnahmen aus dem fortzuschreibenden Lärmaktionsplan wären derzeit beispielhaft denkbar:

Der Einbau von passivem Lärmschutz (Schallschutzfenster) z.B. im Bereich der hochbelasteten Straßenabschnitte oder der Einbau eines lärmmindernden Asphaltbelages bei entsprechender technischer Eignung des Straßenoberbaues.

Nach Prüfung ist bei Teileinziehung des Neumarktes für die betreffenden Anliegergrundstücke der hochbelasteten Streckenabschnitte ein passiver Lärmschutz erforderlich. Eine erste überschlägige Kostenschätzung wird mit 500.000 € beziffert.

5. Veränderung der Luftschadstoffsituation

Die Luftqualität in Osnabrück wird insbesondere durch Stickoxide belastet, die die gesetzlichen Grenzwerte überschreiten. Die Stickstoffdioxidbelastung (NO2) wird sowohl im Bereich Neuer Graben als auch auf dem Schlosswall kontinuierlich gemessen und vom Gewerbeaufsichtsamt (GAA) Hildesheim dokumentiert. Zudem sind vor und während der baustellenbedingten Sperrung des Neumarktes zusätzlich am Neumarkt Schadstoffmessungen durchgeführt worden. Der Grenzwert für den durchschnittlichen Jahresmittelwert für Stickstoffdioxid von 40 µg/m³ wird an mehreren Stellen im Stadtgebiet überschritten.

hier Abbildung Tabelle (nur im PDF-Dokument): NO2-Mittelwerte im jeweiligen Zeitraum in μg/m³ (Datengrundlagen: Lufthygienisches Überwachungssystem Niedersachsen, 14tägige Protokolle für Passivsammler Neuer Graben, Jahres- bzw. Tagesprotokolle für Messstelle Schlosswall)

Als Ergebnis ist festzustellen, dass im Jahr 2016 der NO2-Jahresgrenzwert von 40 µ/m³ bei Beibehaltung der Durchfahrtmöglichkeit für den motorisierten Individualverkehr mit 50 bzw. 52,5 µg/m³ (Durchschnittswerte Passivsammler Neuer Graben während den Öffnungszeiten des Neumarktes für den Individualverkehr vom 18.02.-18.07.2016 bzw. 26.10.-31.12.2016) erheblich überschritten wird. Im Zeitraum 11.07.-03.08.2016 überschnitten sich die Sommerferien in Niedersachsen und NRW mit Auswirkungen auf die Verkehrsmenge und erkennbar niedrigen NO2-Werten (01.07.-18.07. = 34 µg/m³ / 18.07.-02.08. = 40 µg/m³). Ohne Berücksichtigung dieses Zeitraumes beträgt der Mittelwert 51,5 µg/m³ im Zeitraum der Öffnung vom 18.02. - 01.07.2016. Der konkrete Einfluss der unkoordinierten Baustellenampel nach der letzten Öffnung des Neumarktes auf die NO2-Belastung kann ebenso wenig beurteilt werden, wie die Auswirkung nicht verkehrender Einsatzwagen der Stadtwerke Osnabrück (SWO) für den Schülerverkehr in den Ferienzeiten.

Die Beibehaltung der Durchfahrtmöglichkeit für den motorisierten Individualverkehr in Verbindung mit dem Busverkehr hat somit weiterhin eine gesundheitsgefährdende Schadstoffkonzentration am Neumarkt zur Folge. Die Reduzierung der Luftschadstoffbelastung kann bezogen auf den Neumarkt dadurch erreicht werden, dass dieser für den motorisierten Individualverkehr gesperrt wird.

So konnte während der baustellenbedingten Sperrungen des Neumarktes eine deutliche Reduzierung der Stickoxidbelastung auf 43 µg/m³ im Jahre 2015 und im Zeitraum 05.01.-17.02.2016 bzw. auf 45 µg/m³ im Zeitraum 18.07.-25.10.2016 (Passivsammler Neuer Graben) festgestellt werden, ohne dass dadurch jedoch der Grenzwert unterschritten wird.

Seitens der SWO liegen Angaben zur geplanten Nachrüstung von EEV-Bussen zur Durchdringung der den Neumarkt befahrenden Busflotte der Stadtwerke Osnabrück mit Euro-VI-Bussen, die auch im Realbetrieb die vorgegebenen Grenzwerte einhalten und der Einrichtung einer Elektro-Buslinie zur Beurteilung vor.

Mit Einsatz der Elektro-Buslinie, die zu 240 emissionsfreien Busbewegungen im Bereich Neumarkt pro Tag führen wird, ist ab Ende 2018 hier von einer Einhaltung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid auszugehen.

In 2016 verursachten die Busse (und Liefer-, Baufahrzeuge) nach Abzug der Hintergrundbelastung (ca. 20 µg/m³) eine NO2-Belastung von 23 µg/m³. Die 240 emissionsfreien Busbewegungen entsprechen ca. 1/5 der 1258 Busbewegungen an der Messstelle Neuer Graben (Auskunft der SWO vom 01.03.2017). Dies würde in dem Bereich etwa einer Reduzierung um 1/5 der derzeit durch die Busse verursachten NO2 -Belastung entsprechen.

Damit würde zusammen mit der Durchdringung der den Neumarkt befahrenden Busflotte der Verkehrsgemeinschaft Osnabrück (VOS) mit Euro VI-Bussen (davon allein 4 Busse der SWO ab Mai 2017) bei Sperrung des Neumarktes für den motorisierten Individualverkehr eine deutliche Reduzierung der NO2-Emissionen (voraussichtlich unterhalb des Grenzwertes) erreicht werden

Verkehrszählungen in der Martinistraße (knapp unter NO2-Grenzwertnieveau) des Gewerbeaufsichtsamtes Hildesheim haben ergeben, dass sich dort der Verkehr nach der ersten Sperrung des Neumarktes reduziert hat, was auch hier eine Verbesserung der NO2-Belastung zur Folge hat (vgl. VO/2015/5171).

Die vergleichenden Messergebnisse an der Messstation Schlosswall (höchste NO2-Belastung am Wallring) zeigen, dass sich dort der Wert während der Sperrzeiten (auch unter Einbeziehung des Umfahrungsverkehrs aufgrund häufiger Autobahnsperrungen) in der Regel erhöht, was auf eine Zunahme von ca. 5.000 KfZ/Tag zurückzuführen ist. Auch in grenzwertnahen Abschnitten des Goetherings und an der Kreuzung Johannistorwall/Johannisstraße können Verkehrszunahmen die Schadstoffproblematik verschlechtern, wobei nicht auszuschließen ist, dass es erstmalig zu Grenzwertüberschreitungen kommt.

Eine temporäre Erhöhung der Stickstoffdioxidbelastung z.B. am Schlosswall (dieser Bereich liegt aktuell schon oberhalb des Grenzwertes) kann aber nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgericht bei der vorliegenden straßenrechtlichen Entscheidung außer Betracht bleiben, wenn die künftige Einhaltung der Grenzwerte durch nachfolgende Luftreinhaltemaßnahmen durch die Teileinziehung des Neumarkts nicht ausgeschlossen ist, und durch die Teileinziehung nicht unmöglich werden. "Für die Annahme, dass dies nicht möglich ist, müssen deshalb besondere Umstände vorliegen. Derartige Umstände können sich vor allem aus ungewöhnlichen örtlichen Gegebenheiten (zentrale Verkehrsknotenpunkte, starke Schadstoffvorbelastung durch eine Vielzahl von Emittenten) ergeben, die sich der Planfeststellungsbehörde auf der Grundlage des Anhörungsverfahrens, insbesondere der Beteiligung der zuständigen Fachbehörden, erschließen" (BVerwG, Urteil vom 10.10.2012, 9 A 19/11). Derart besondere "ungewöhnliche örtliche Gegebenheiten" sind am Schlosswall nicht erkennbar.

Seit Bestehen der Messstelle Schlosswall wird hier der Jahresdurchschnittsgrenzwert für NO2 überschritten. Da auch nach Ablauf der Ausnahmegenehmigung seitens der EU der Grenzwert hier und an anderen Punkten in der Stadt nicht wie erwartet eingehalten wird, ist die Stadt Osnabrück ohnehin verpflichtet, den Luftreinhalteplan fortzuschreiben bzw. dahingehend zu ändern, dass die Grenzwerte an allen von der Luftqualitätsrichtlinie definierten Punkten eingehalten werden. Hierbei ist dann die veränderte Situation am Neumarkt zu berücksichtigen.

Die Überarbeitung des Luftreinehalteplans erfolgt durch den Beschluss des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt vom 18.08.2016. Die Verwaltung hat die Überarbeitung am 31.08.2016 beauftragt. Diese Überarbeitung ist in Bearbeitung. Die Fortschreibung des Luftreinhalteplans kann nach derzeitigem Kenntnisstand bis spätestens Ende September 2017 im Entwurf vorgelegt werden. Unter Berücksichtigung der erforderlichen Fristen für die Beteiligung der Öffentlichkeit und der Träger öffentlicher Belange sowie der daraus resultierenden Auswertung kann der Entwurf dem Rat im Dezember 2017 zum Beschluss vorgelegt werden, so dass dann unverzüglich mit der Umsetzung begonnen werden kann. In 2018 könnten dann erste Maßnahmen wirksam werden. Durch den Beschluss zur Teileinziehung am Neumarkt wird die Bearbeitung der Fortschreibung des Luftreinhalteplans zudem beschleunigt und konkretisiert, da nicht aufwendig mit Alternativszenarien (offener oder geschlossener Neumarkt) gearbeitet werden muss.

Im Rahmen der weiteren Fortschreibung des Luftreinhalteplans werden also alle in Betracht kommenden Maßnahmen zur Einhaltung der Grenzwerte planerisch, verkehrsrechtlich und ordnungsrechtlich geprüft.

Dabei wird zu beachten sein, dass Maßnahmen zur Luftreinhaltung am Schlosswall mit größerer Intensität wirken müssen, da durch die Teileinziehung des Neumarkts an dieser Stelle mit einer Erhöhung der jetzt bereits grenzüberschreitenden Emissionen zu rechnen ist.

In diesem Zusammenhang ist jedoch hervorzuheben, dass sich die Gesamtbelastung mit Schadstoffen in der Innenstadt mit einer Sperrung der Durchfahrt am Neumarkt für den Individualverkehr verringern dürfte, auch wenn sie neben deutlichen Verbesserungen im Einzelfall zu einer partiellen Verschlechterung führt, die natürlich im Rahmen des Luftreinhalteplanes zu berücksichtigen und zu beseitigen sein wird.

Ferner ist damit zu rechnen, dass sich der Schadstoffausstoß perspektivisch auch durch die Modernisierung der Fahrzeugflotte weiter reduzieren wird. Zudem werden Maßnahmen des Bundes wie auch der Stadt Osnabrück zu einer Reduzierung der Belastung durch den MIV führen.

Es ist das vom Rat beschlossene Ziel der Stadt Osnabrück, den ÖPNV zu verbessern, so dass mehr Personen (v.a. Pendler) vom Auto in den Bus umsteigen. Dasselbe gilt für den Radverkehr, der ebenfalls durch die Stadt Osnabrück gefördert wird. Durch Verbesserung und Ausbau des Radwegenetzes, durch Schaffung von Radschnellwegen (zunächst zwischen Belm und Osnabrück) und anderer Maßnahmen sollen weitere PKW-Fahrten im und ins Stadtgebiet entbehrlich gemacht werden.

Zudem hat die Bundesregierung beschlossen, Elektromobilität zu fördern und das Ziel von 1 Mio. Elektrofahrzeugen benannt. In der Stadt Osnabrück sind zur Zeit zwar noch weniger als 100 E-Fahrzeuge zugelassen, aber mit einem Ansteigen der Zulassungszahlen in Osnabrück ist zu rechnen. Zudem wurden auch in Osnabrück die Förderung der Elektromobilität im Rahmen des EMobG beschlossen und z.B. Parkprivilegien für E-Kfz eingerichtet. Nach aktuellen Verkaufsstatistiken steigt europaweit der Anteil von Hybrid-Fahrzeugen an der Fahrzeugflotte. Dass die Stadtwerke Osnabrück ab 2018 ihre Busflotte sukzessive auf Elektroantrieb umstellen werden, ist bereits erwähnt worden.

Die Elektromobilität ist auf dem "Vormarsch. Die positiven Auswirkungen hinsichtlich Reduzierung von Lärm- und Schadstoffemissionen werden auch in der Innenstadt von Osnabrück zu spüren sein wird. Elektroautos sind längst alltagstauglich und werden bereits als Dienstfahrzeuge der Stadt Osnabrück und der Stadtwerke Osnabrück AG eingesetzt (z.B. Feuerwehr, OSB). Es ist ferner damit zu rechnen, dass auch in Osnabrück E-Kfz z.B. als Taxen und im Handwerk und Gewerbe eingesetzt werden, wie es bereits in anderen Städten der Fall ist: So sind seit 2014 am Flughafen Amsterdam-Schiphol 167 Tesla-S-Elektrofahrzeuge als Taxen stationiert (https://cleantechnica.com/2014/10/21/amsterdam-airport-enlists-167-tesla-taxis/), und u.a. in Berlin, München und Wien sind ebenfalls vereinzelt diese Elektrofahrzeuge als Taxen unterwegs (Berliner Morgenpost v. 08.07.2016; Zeit-online v. 24.04.2016; Kronenzeitung v. 20.05.2014). Die Deutsche Post AG fertigt ein eigenes E-Fahrzeug für die Brief- und Paketzustellung, andere Paketdienste haben Modellprojekte zum Einsatz von  Lastenfahrrädern und auch in Osnabrück nutzen erste Handwerker und Dienstleister E-Bikes im täglichen Einsatz.

Der steigende Anteil elektrisch betriebener Fahrzeuge im MIV und im ÖPNV wird die Belastung der Innenstadt mit Lärm- und Schadstoffemissionen perspektivisch weiter reduzieren.

6. Aufenthaltsqualität und Verkehrssicherheit

Die derzeitige geringe Aufenthaltsqualität des Neumarkts wird maßgeblich durch die Inanspruchnahme des Platzes durch den auf mehreren Fahrstreifen fließenden Verkehr verursacht. Die über einen Gestaltungswettbewerb definierte Oberflächenneugestaltung der Verkehrsflächen wie auch der angrenzenden Freiräume, ist ein erster wesentlicher Baustein zur Aufwertung des Quartiers Neumarkt als zentraler Platz zwischen Altstadt und Neustadt mit herausgehobener Bedeutung für die Weiterentwicklung und Stärkung der Innenstadt. Er wird in seiner umgestalteten Form zum „Erlebnis Innenstadt“ und damit auch zur Stärkung des Einzelhandelsstandortes Osnabrück in Konkurrenz zu anderen Städten und zum Online-Handel beitragen.

Insbesondere bei Ausschluss des motorisierten Individualverkehrs würde es zu einer spürbaren Verkehrsentlastung kommen, die eine Steigerung der Aufenthaltsqualität nach sich zöge. Der Platz könnte sich zum zentralen Stadtplatz mit urbanem Charakter entwickeln, vor allem dann, wenn die dort von Privaten geplanten Hochbaumaßnahmen wie das Einkaufszentrum OSKAR oder andere Pläne realisiert würden.

Dabei müssen die unterschiedlichen Bewegungsflächen für Fußgänger- und Fahrverkehre ablesbar gestaltet werden. Dies könnte über eine Verkehrsbeschränkung durch das Verkehrszeichen 250 „Verbot für Fahrzeuge aller Art“ ‑ mit einem Zusatzzeichen für die zugelassenen Verkehrsarten - erfolgen.

Den Entlastungen, die ein Ausschluss des motorisierten Individualverkehrs auf dem Neumarkt mit sich bringen würde, müssen zugleich die steigenden Belastungen auf anderen Wallabschnitten und Straßenzügen gegenübergestellt werden. So ist abzusehen, dass sich die Verkehrsbelastung z.B. auf o.g. Abschnitten (Johannistorwall /Petersburger Wall) messbar erhöhen wird. Durch die im Masterplan Mobilität, dem Radverkehrsplan und dem Nahverkehrsplan vorgesehenen Maßnahmen zur Stärkung des Umweltverbundes (ÖPNV, Rad- und Fußverkehr) wird jedoch in den nächsten Jahren eine verkehrliche Entlastung der gesamten Innenstadt erreicht.

Das auch in der Zeit der Neumarktsperrung erhöhte Unfallgeschehen auf dem Wallring steht nach Aussagen der Polizei nicht in kausalem Zusammenhang mit der Neumarktsperrung.

III Schlussfolgerung

Die Abwägung ist, wie in § 8 NStrG vorgeschrieben, mit Bezug auf die überwiegenden Gründe des öffentlichen Wohls erfolgt. Hierbei sind, wie in der Rechtsprechung näher ausgeführt, auf tatbestandlicher Ebene allein straßenbezogene Gesichtspunkte, d. h. insbesondere verkehrliche und verkehrsplanerische, aber auch städtebauliche örtliche und überörtliche Belange berücksichtigt worden.

Dabei hat sich gezeigt, dass die für eine Teileinziehung sprechenden Gründe des öffentlichen Wohls, die gegen eine Teileinziehung sprechenden Gründe des öffentlichen Wohls überwiegen.

1.

Zur Stärkung der urbanen Funktion der Innenstadt, zur Schaffung und Verbesserung eines Lebensraumes für ein ungestörtes Einkaufserlebnis, für Erholung und Kommunikation wird der verkehrsberuhigte Neumarkt ebenso einen Beitrag leisten, wie zur Verkehrssicherheit. Insbesondere für Fußgänger ist ein ungestörtes zusammenhängendes Netz, das hiermit geschaffen wird, unverzichtbar, um Umwege, Barrieren und Gefährdungen zu vermeiden. Die Aufenthaltsqualität am Neumarkt wird sich deutlich verbessern. Längere Aufenthalte (Außengastronomie u.ä.) würden durch die Sperrung erst ermöglicht. Die Aufwertung des Neumarktes wird die Stadt Osnabrück als Oberzentrum attraktiver machen und damit auch eine größere Zahl von Besuchern anziehen.

Durch die Aufhebung der Barrierewirkung des Neumarktes wird das Ziel eines Zusammenwachsens von Nord- und Südstadt und somit eine Aufwertung des Einzelhandels auch in der Johannisstraße erreicht. Einzelne, theoretisch nicht auszuschließende Verschlechterungen in städtebaulich benachteiligten Lagen sind deutlich weniger gravierend als der Zugewinn durch die Aufwertung des Stadtzentrums.

2.

Durch eine Teileinziehung würde sich die Schadstoffsituation im Bereich Neumarkt/Neuer Graben deutlich verbessern (voraussichtlich zusammen mit weiteren Maßnahmen unter Grenzwertniveau). Hiervon würden ca. 50.000 Passanten und die Anwohner täglich  profitieren.

Gleichzeitig kommt es zu einer Erhöhung der Luftschadstoffsituation unter anderem in jedem Fall im Bereich der Messstelle Schlosswall/Ratsgymnasium, wo bereits heute Überschreitungen der Grenzwerte zu verzeichnen sind. Geeignete Maßnahmen, die eine Unterschreitung der Grenzwerte gewährleisten, werden im Rahmen des in Arbeit befindlichen Luftreinhalteplanes in absehbarer Zeit ohnehin konkretisiert und im Hinblick auf ihre planerische, verkehrsrechtliche und ordnungsbehördliche Umsetzbarkeit geprüft.

Die Veränderungen der Verkehrsführung zur Verbesserung der Luftreinhaltung am Neumarkt können zwar Auswirkungen auf andere Bereiche haben. Da insgesamt aber von einer nicht unerheblichen Entlastung der Innenstadt vom Durchgangsverkehr auszugehen ist, ist eine Gesamtentlastung hinsichtlich der Schall- und Luftschadstoffthematik zu erwarten.

3.

Die Erreichbarkeit der Innenstadt ist nicht gefährdet. Geringfügig längere Fahrzeiten für einzelne Verkehrsteilnehmer sind bei Veränderungen von Verkehrsführungen nichts Ungewöhnliches und grundsätzlich hinzunehmen, sofern die Zielerreichung nicht unzumutbar erschwert wird. Dies ist hier nicht der Fall. Veränderte Verkehrsführungen können auch nach den Erfahrungen anderer Städte teilweise zu einer Änderung der Verkehrsmittelwahl führen. In den entsprechenden Plänen der Stadt Osnabrück sind die Verbesserungen der Angebote des sogenannten Umweltverbundes benannt.

4.

Durch passive Schallschutzmaßnahmen würde die Belastung von Wohnnutzungen dort reduziert, wo es zu signifikanten Verschlechterungen kommt. Gleichzeitig profitieren neben dem Neuen Graben/Neumarkt auch andere entlastete Straßenzüge wie z.B. die Martinistraße von der Teileinziehung.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Teileinziehung nach § 8 Abs. 1 S. 2 NStrG liegen damit vor.

Die Abwägung privatrechtlicher Belange (eine von 18 Anregungen) findet sich wie die Abwägung aller weiteren Einwendungen und Hinweise in der Anlage.

Beratungsergebnis:

Der geänderte Beschluss wird mit den Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen, SPD, FDP, Die Linke, UWG-Piraten gegen die Stimmen von CDU-BOB-OB mehrheitlich angenommen.

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Antrag | Innenstadt | Stadtentwicklung | Verkehr