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05.11.19 –
Sachverhalt:
Im August 2010 gab es in Osnabrück Niederschlagsmengen mit 128 l/qm in 24 Std., in Münster im Juli 2014 sogar bis zu 300 l/qm in 7 Stunden. Im Juli 2017 sorgte Starkregen in Süd-Niedersachsen für Überflutungen (Harzvorland in 48 Stunden über 150 l/qm, im Harz punktuell sogar über 400 l/qm). Am 15.10.2019 fielen in der Region Hannover bis zu 50 l/qm in 12 Stunden. Viele Häuser und Straßen waren überflutet. Schäden in Millionenhöhe die Folge. Angesichts der fortschreitenden Klimakrise empfehlen Expert*innen dringend Maßnahmen zur Vorsorge. Demnach sollen Kommunen "Schwammstädte" werden, die im Falle von Starkregenfällen möglichst viel Wasser zwischenspeichern und möglichst schadlos ab- bzw. durchleiten können und damit Überschwemmungen vermindern und für Hitze- und Dürrezeiten wiederum möglichst viel Wasser im Boden und in Form von Wasserflächen zurückhalten. Am 7.10. hat der NDR eine Dokumentation ausgestrahlt: "Starkregen: Die unterschätzte Gefahr" (https://bit.ly/31xQqIt). Darin wird behauptet, dass die meisten Kommunen Norddeutschlands weder auf die zunehmende Anzahl von Starkregenereignissen noch auf die Zunahme der Intensität vorbereitet seien.
Nach dem Hochwasser von 2010 wurde in Osnabrück viel über Maßnahmen für eine bessere Vorsorge diskutiert. Auch der Ratsbeschluss zur Klimaanpassungsstrategie vom 5.9.2017 (VO/2017/1097) enthält als Schwerpunktmaßnahme die Erstellung eines Konzepts zur Starkregenvorsorge. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Verwaltung:
1. Welche Maßnahmen wurden seit 2017 in Osnabrück zur besseren Vorsorge gegen die Folgen von Starkregen ergriffen und wie wurde der Katastrophenschutz diesbezüglich weiter entwickelt?
2. Welche Erkenntnisse gibt es über die räumliche Verteilung von Starkregenauswirkungen und die Betroffenheit von Infrastruktur- und sonstigen sensiblen Einrichtungen bei Starkregenereignissen ?
3. Welche Unterstützung für entsprechende Maßnahmen ist seitens Land oder Bund zu erwarten?
Sachverhalt:
Seitens der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wurden folgende Fragen gestellt:
1. Welche Maßnahmen wurden seit 2017 in Osnabrück zur besseren Vorsorge gegen die Folgen von Starkregen ergriffen und wie wurde der Katastrophenschutz diesbezüglich weiterentwickelt?
2017 wurde eine Projektgruppe zum „Kommunalen Starkregenrisikomanagement“ seitens der Verwaltung gebildet, die ein Konzept für ein zukünftiges Starkregenmanagement erarbeitet hat. Teilnehmer waren Vertreter der Stadtverwaltung (FB 61, 62, 68, OSB) sowie der SWO-Netz GmbH.
In Anlehnung an die Erfahrungen anderer Städte (z.B. Hamburg mit deren Hinweisen für eine wassersensible Straßenraumgestaltung -> RISA) wurden in einem Baugebiet bereits mögliche Maßnahmen ergriffen, um zielgerichtet mit Starkregenereignissen umzugehen.
Für das Baugebiet „In der Gartlage“ wurden die befahrbaren Flächen schon mit gepflasterten Muldenrinnen ausgebildet, die zunächst in Ableitungsgräben und dann weiter in Versickerungsbereichen bzw. Regenrückhaltebecken münden. Zusätzlich dazu gibt es bewachsene Mulden an der Zubringerstraße, die ebenfalls in die entsprechenden Bereiche münden.
Die Feuerwehr Osnabrück beschäftigt sich derzeit intensiv mit verschiedenen Maßnahmen zur Katastrophenabwehr. Aktuell wird die Besetzung des Katastrophenschutzstabes sowie der technischen Einsatzleitung reorganisiert. In diesem Zusammenhang wurde ein neuer Stabsraum (zunächst provisorisch) im Dominikanerkloster eingerichtet und eine Stabssoftware beschafft. Mit dem Umzug von Teilen der Berufsfeuerwehr zur Nordstraße wird in den dann verfügbaren Räumlichkeiten an der Nobbenburgerstraße der Stabsraum endgültig in einer Feuerwache etabliert. Im Jahr 2019 fand bereits eine Katastrophenschutzübung mit dem Katastrophenschutzstab statt, eine weitere ist für den 10.12.2019 terminiert. Unterjährig wurden und werden die vorhandenen und die durch die Neuorganisation zusätzlich rekrutierten Stabsmitglieder geschult. Neben dem Aufbau einer Stabsorganisation für den Katastrophenfall befindet sich parallel dazu der Ende 2017 beschlossene Aufbau eines Sirenennetzes im Aufbau. Die eingeleiteten Maßnahmen sind geeignet, auf alle denkbare Katastrophenszenarien zu reagieren, dazu gehören selbstverständlich auch die Folgen von Starkregenereignissen.
2. Welche Erkenntnisse gibt es über die räumliche Verteilung von Starkregenauswirkungen und die Betroffenheit von Infrastruktur- und sonstigen sensiblen Einrichtungen bei Starkregenereignissen?
Bei Starkregenereignissen im Sinne von urbanen Sturzfluten handelt es sich um außergewöhnlich große lokale Niederschläge in kurzer Zeit. Charakteristisch für Starkregenereignisse ist, dass sie überall auftreten können, kaum prognostizierbar sind und meist eine sehr geringe räumliche Ausdehnung aufweisen. Dies ist bisher umfänglich für das städtische Gebiet noch nicht untersucht und bewertet worden.
Die Starkregenereignisse der vergangenen Jahre traten lediglich lokal und räumlich sehr begrenzt auf. Insofern war auch die Infrastruktur der Stadt nur punktuell betroffen und nicht insgesamt gefährdet. Dabei waren keine auffälligen Häufungen von Starkregenereignissen in bestimmten Stadtteilen zu beobachten.
Das letzte signifikante Ereignis war im Jahr 2010 ein Hochwasser, das insbesondere das Umspannwerk in Lüstringen als kritische Infrastruktur bedrohte. Bei diesem Einsatz wurde auch formal der Katastrophenfall festgestellt.
In der jüngeren Vergangenheit führten Starkregenereignisse zu Problemen im Bereich Atterfeld durch das Ausufern der Düte und im Bereich der Autobahnauffahrt Nahne. Auch diese Ereignisse waren lokal sehr begrenzt und lassen keine Rückschlüsse auf eine Häufung in diesen Bereich zu.
Seitens der Stadtwerke Osnabrück existiert ein Generalentwässerungsplan, welcher die Versiegelungsflächen und hydraulischen Gegebenheiten des gesamten Stadtgebietes berücksichtigt und darstellt. Hieraus ableitbar sind auch punktuelle Überflutungssituationen resultierend aus der Überstauung der Kanäle und Vorfluten („Gullys und Schächte laufen über“). Innerhalb dieser Simulationen können auch entsprechende Infrastruktureinrichtungen Berücksichtigung finden. Basis dieser Überlegungen und Untersuchungen ist aber der Einfluss des „normalen“ Niederschlages in seiner Wirkung auf die Kanalisation. Die kommunalen Entwässerungssysteme können aber aus wirtschaftlichen und technischen Gründen nicht auf seltene Starkregenereignisse ausgelegt werden. Sie leisten einen Grundbeitrag zum Überflutungsschutz, der durch Maßnahmen zur Ableitung und Rückhaltung im öffentlichen Raum wie durch privaten Objektschutz zu ergänzen ist.
Die bisher marginalen Erkenntnisse zur Gefährdung sensibler Infrastruktur sollen in einem ersten Schritt über die Durchführung einer topografischen Gefährdungsanalyse zur Identifizierung der Risiken erweitert werden. Sinnvoll ist es, das Stadtgebiet nach topografischen Gesichtspunkten in Teilbereiche aufzuteilen und diese nacheinander zu untersuchen. Aufgrund mangelnder eigener fachlicher und personeller Ressourcen soll hierzu zeitnah ein externes Gutachterbüro beauftragt werden. Entsprechende Finanzmittel sind in der aktuellen Haushaltsplanung dafür berücksichtigt.
Besteht der Bedarf höherer Genauigkeit, können nachträglich für kleinere Gebiete hydraulische Gefährdungsanalysen durchgeführt werden. Erste Risikoabschätzungen und Maßnahmen können aus den Ergebnissen dieser Gefährdungsanalyse abgeleitet werden. Für eine umfassende Risikoanalyse sind im weiteren Schritt Schadenspotential- und Risikopotentialkarten zu erstellen. Aus diesen können gezielte Maßnahmen abgeleitet werden.
3. Welche Unterstützung für entsprechende Maßnahmen ist seitens Land oder Bund zu erwarten?
Das Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz des Landes Niedersachsen plant ein Förderprogramm insbesondere für kleinere Kommunen, die häufig mit der Thematik überfordert sind. Wann dieses Programm zur Förderung von Starkregenkonzepten und den damit verbundenen Maßnahmenumsetzungen unter welchen Rahmenbedingungen zur Verfügung stehen wird, ist derzeit nicht bekannt.
Auf Bundesebene gibt es ein Förderprogramm, aus dem „Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel“ finanziert werden können. Da insbesondere die Erstellung von Starkregengefährdungskarten (als 1. Schritt der Umsetzung eines Starkregenmanagementkonzepts) jedoch mittlerweile zu einer Standardaufgabe der Kommunen geworden ist, ist eine Förderung, die üblicherweise eher „Leuchtturmprojekte“ umfasst, unwahrscheinlich.
gez. Detlef Gerdts
Fachbereichsleiter Umwelt und Klimaschutz
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