BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ratsfraktion Osnabrück

Haushaltskonsolidierung ist kein Selbstzweck - Rede des Fraktionsvorsitzenden Michael Hagedorn zum Haushalt 2016/2017

08.12.15 –

Als vor einigen Wochen die Zahlen der rückläufigen Gewerbesteuern und damit die zu erwartenden Einnahmeausfälle bekannt wurden, schrieb die NOZ: „Die Politiker sind bei den HH-Beratungen nicht zu beneiden. es macht keinen Spaß mehr.“ Und in der Tat: Seit Jahren bemühen wir uns redlich, den städtischen Haushalt zu konsolidieren bzw. das Minus nicht ins Uferlose wachsen zu lassen. Hierzu sind wir in diesem wie auch in den letzten Jahren immer wieder bereit gewesen, in Verantwortung für die Stadt Kompromisse zu finden, die nicht allen immer gefallen.

Aber es ist uns seit 2006 gelungen, wie man dem Haushaltssicherungskonzept entnehmen kann, inklusive der Maßnahmen, die heute beschlossen werden, knapp 50 Millionen Euro an Konsolidierungsmaßnahmen aufzubringen, davon zusätzlich ca. 3,5 Millionen für diesen Haushalt. Das sei auch denen einmal ins Stammbuch geschrieben, die hier eher mit vollmundigen Sprüchen zu weiteren Sparmaßnahmen auffordern, anstatt sich selber mit konstruktiven und umsetzbaren Vorschlägen in die HH-Beratungen einzubringen.

Wir GRÜNE sind bereit, auch Projekte zu verschieben, die uns wichtig sind: Gesamtschule, Baumschutzsatzung, um nur zwei Beispiele zu nennen; wobei ich eines klar unterstreichen möchte: Wir halten sowohl die dritte Gesamtschule als auch die Baumschutzsatzung für wichtig und verabschieden uns mitnichten dauerhaft hiervon. Diese Themen bleiben auf der Agenda.

Wenn man den Haushalt betrachtet, so kann man klar konstatieren, wo die Probleme liegen: Neben einer nach wie vor - und das kann man nicht oft genug betonen - unzureichenden Finanzausstattung der Kommunen und einer skandalös niedrigen Beteiligung des Landkreises an unseren Infrastrukturkosten sind die wegbrechenden Einnahmen kaum aufzufangen.

Besonders ärgerlich ist hierbei, dass die Allgemeinheit einen großen Teil der Folgekosten der kriminellen Machenschaften der Spitze des VW-Konzerns zu tragen hat. Nicht nur über den Wegfall der eigenen Gewerbesteuer, sondern auch über geringere Zuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich, der sich ja zum Teil aus der Gewerbesteuerumlage speist. Wir tragen nicht nur die gesundheitsgefährdenden Belastungen erhöhter Schadstoffemissionen, nein wir müssen auch allein durch die Folgen der Betrügereien Mindereinnahmen in zweistelliger Millionenhöhe verkraften.

Ein weiterer Punkt sind die Personalkosten, die mit über 100 Mio. Euro in 2016 eine neue Rekordhöhe erreichen.

Um hier allen Missverständnissen vorzubeugen: Wir erkennen an, was die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten und welches Engagement hier überwiegend an den Tag gelegt wird. Gerade jetzt in der Flüchtlingsproblematik zeigt sich das besonders deutlich. Und selbstverständlich sind wir der Meinung, dass für gute Arbeit auch eine angemessene Bezahlung erfolgen muss.

Aber das erfordert auch, dass wir laufend die Effizienz der Verwaltungsarbeit hinterfragen und Abläufe verbessern müssen, auch ohne Dienstleistungen für die Bürger*innen einzuschränken.

Hierzu fehlt es, und das hat der Landesrechnungshof in einem Prüfbericht vom Mai diesen Jahres bestätigt, an einer zentralen Steuerung. Mit diesem Haushalt erhält die Verwaltung den Auftrag, eine solche Steuerung einzurichten. Erste Zielvorgabe ist es, so werden wir es heute beschließen, mindestens die Hälfte der in den nächsten Jahren freiwerdenden Stellen durch Umorganisation und Ablaufoptimierung nicht wieder zu besetzen und hiermit in den nächsten beiden Jahren bereits eine Millionen Euro einzusparen.

Dies soll nach unserem Willen ein ständiger Prozess werden mit dem Ziel, hier auch dauerhaft zu Einsparungen zu kommen.

Wenn man sieht, welche Anstrengungen, aber auch welche Erfolge sowohl im Klinikum als auch bei den Stadtwerken möglich sind, dann müssen auch bei der Kernverwaltung entsprechende Anstrengungen unternommen werden. Noch einmal zur Klarstellung - es geht hier nicht um eine unzumutbare Arbeitsverdichtung für die Mitarbeiter - es geht um den Abbau von Doppelstrukturen und besserer Abstimmung der Abläufe und Informationsflüsse innerhalb und zwischen den Fachbereichen. Allein die Tatsache, dass dies, wie der Rechnungshof zutreffend festgestellt hat, bislang nicht konsequent und dauerhaft zentral untersucht wird, legt nach aller Erfahrung die Vermutung nahe, dass hier erhebliches Einsparpotenzial besteht. Nennen Sie es in Anlehnung an den im Klinikum auch vom Betriebsrat engagiert mitgetragenen Sanierungsprozess OS-Work oder wie auch immer - einen solchen Prozess dauerhaft zu installieren wird Hauptaufgabe der Verwaltung in den nächsten Jahren sein. Wir sind gespannt, welches Konzept zur Umsetzung uns die Verwaltung im Februar hierzu vorlegen wird.

Ein weiterer Bereich, der maßgeblich zur Deckungslücke im Haushalt mit wachsender Tendenz beiträgt, ist die Tagesbetreuung von Kindern. Allein um 10 Millionen Euro ist der Zuschussbedarf seit 2010 gestiegen auf nun 45 Millionen Euro. Natürlich wäre es schön, wenn wir die Kinderbetreuung zum Nulltarif anbieten könnten. Das ist jedoch für die Stadt allein nicht bezahlbar. Solange nicht der Bund oder das Land stärker in die Finanzierung einsteigen, müssen wir nach Wegen suchen, dass die Deckungslücke nicht immer größer wird. Die Verwaltung wird daher im zuständigen Fachausschuss einen Diskussionsprozess in Gang setzen, wie wir unsere Gebühren demnächst strukturieren wollen.

Natürlich ist es auch notwendig, die Einwohnerzahl Osnabrücks zu erhöhen, um hierüber eine breitere Finanzierungsbasis für unsere Aufgaben zu erhalten. Wir haben hierzu und insbesondere zur Schaffung bezahlbaren Wohnraumes entsprechende Beschlüsse gefasst. Aber wenn man Osnabrück attraktiv für neue Bewohner machen bzw. halten will, dann muss man auch für eine gute Lebensqualität in der Stadt sorgen.

Wir GRÜNE sind deshalb besonders erfreut darüber, dass wir nicht nur in den kommenden Jahren, sondern auch in den zurückliegenden Jahren erreichen konnten, dass die soziale und kulturelle Infrastruktur Osnabrücks, die diese Stadt so lebenswert macht, erhalten bleiben konnte.

Dass wir darüber hinaus auch die Klimaschutzmaßnahmen verstetigen und gegen manche Widerstände nun auch personell absichern konnten, betrachten wir als Erfolg nicht nur für unsere globale Verantwortung sondern auch als Beitrag zur Lebensqualität in dieser Stadt.

Auch hier gibt es zwar Gemeinsamkeiten zwischen den Fraktionen, aber ich will auch nicht unerwähnt lassen, dass in diesem Zusammenhang die Verkehrspolitik in dieser Stadt weiterhin Streitpunkt bleiben wird. Für uns sind Vorrang für den ÖPNV, Reduzierung von Schadstoffbelastungen in der Innenstadt, Ausbau von Radwegen usw. absolut notwendige Beiträge zu einer ebenso zukunftsfähigen wie lebenswerten Stadt. Neue Straßen wie die Westumgehung, die wir verhindern konnten, oder der Bau der A33-Nord sind, und das sage ich ausdrücklich an die Adresse von CDU und SPD, mit uns auch in der nächsten Wahlperiode nicht zu machen.

Es gibt aber auch Erfreuliches zu berichten und festzustellen. Durch die erfolgreiche Arbeit aller Verantwortlichen und der Bereitschaft, auch einen erheblichen finanziellen Beitrag zu leisten, sieht der Wirtschaftsplan des Klinikums für 2016 und die nächsten Jahre positive Ergebnisse vor. In dieser Folge ist es uns möglich, die abgeschriebenen Eigenkapitalerhöhungen aus dem Jahre 2014 in Höhe von 10,6 Millionen Euro dem Haushalt wieder gutzuschreiben. Die erfolgreiche Arbeit und die Opferbereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Klinikums bringt also auch direkte Entlastung für unseren Haushalt. Hierfür möchte ich mich auch an dieser Stelle einmal bei allen Beteiligten bedanken.

Möglich geworden ist dies aber am Ende auch nur durch eine überaus engagierte Zusammenarbeit der im Aufsichtsrat vertretenen Personen, die sehr vertrauensvoll und ohne Ansehen unterschiedlicher Parteizugehörigkeiten ausschließlich sachorientiert mit den Vertretern des Klinikums zusammenarbeiten.

Ich komme zum Schluss, ohne bislang unser Sorgenkind FMO angesprochen zu haben. Ich will hierzu nur eines sagen: Die Lage ist nicht besser, sondern schlechter geworden. Wenn der FMO eine Zukunft haben soll, so bedarf es unserer Meinung nach eines konzeptionellen und damit auch personellen Neuanfangs, ansonsten sind weitere Mittelzuführungen in Millionenhöhe nicht zu vertreten.

Unsere finanzielle Situation bleibt schwierig und es hat hier niemand eine Patentlösung in der Tasche.

Ich denke, wir GRÜNEN haben wieder einmal bewiesen, und die vielen Änderungsanträge, die heute auf unsere Initiative hin beschlossen werden, belegen dies, dass wir uns konstruktiv und zukunftsorientiert für diese Stadt und die Bürgerinnen und Bürger einsetzen. Ich kann Ihnen zusichern, dass wir das auch in Zukunft tun werden.

 

Kategorie

Haushalt, Finanzen | Pressemitteilung

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