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05.04.11 –
Sodann führt Herr Ratsvorsitzender Thöle einzelne Abstimmungen zu den Absätzen des CDU-Änderungsantrages wie folgt herbei:
Abweichender Beschluss:
1.) Erdbeben und Tsunami haben in Japan unermessliches Leid hervorgerufen. 30.000 Tote und Vermisste sind die Folge der Naturkatastrophe in Japan. So sehr wir uns in Deutschland mit der Katastrophe im japanischen Kernkraftwerk Fukushima wegen der Folgen für unser Land auseinander setzen, sollten wir zunächst der Opfer der Naturkatastrophe gedenken. Der Rat der Stadt Osnabrück spricht den Angehörigen der Opfer sein Mitgefühl aus. Dies gilt in besonderer Weise den in Osnabrück lebenden Japanern, die um Angehörige trauern oder sich Sorgen um Freunde und Familienangehörige machen. Wir rufen die Osnabrücker auf, an den Benefizkonzerten für Japan teilzunehmen und für die Opfer in Japan zu spenden.
2.) Der Rat der Stadt Osnabrück begrüßt das von der Bundesregierung und von den Bundesländern veranlasste Moratorium. Es ist richtig, dass durch die Reaktorsicherheitskommission aufgrund der Erfahrung in Japan zusätzliche Prüfungen im Hinblick auf Erdbebensicherheit, Flugzeugabstürze und terroristische Anschläge durchgeführt werden. Angesichts zu erwartender sicherheitstechnischer Nachrüstungserfordernisse in Folge veränderter Sicherheitsannahmen kann davon ausgegangen werden, dass schon aus Gründen der Wirtschaftlichkeit die älteren Meiler nicht wieder ans Netz gehen werden. Deutschland kann so schnell aus der Kernenergie aussteigen, wie es uns gelingt Energie zu sparen, Energieeffizienz zu erhöhen und die Entwicklung der regenerativen Energien voranzutreiben. Zu begrüßen ist auch, dass innerhalb der EU verabredet wurde, alle Kernkraftwerke einem Stresstest zu unterziehen. Es macht keinen Sinn, dass die Georgsmarienhütte heute Kernenergie der EnBW und morgen Kernenergie aus Frankreich bezieht. Die Wettbewerbsfähigkeit der energieintensiven deutschen Industrieunternehmen darf nicht gefährdet werden. Das gilt z. B. auch für ein Unternehmen wie KME in Osnabrück.
3.) Deutschland braucht einen gesellschaftlichen Diskussionsprozess über die Energieversorgung unter Einbeziehung der Wirtschaft und der Gewerkschaften, der Kirchen und der Umweltverbände und im Ergebnis einen nationalen Energiekonsens, der nach Möglichkeit von allen demokratischen Parteien getragen werden sollte, damit wegen der langfristigen Investitionen Sicherheit in der Energiewirtschaft und der Industrie besteht.
Innerhalb des gesellschaftlichen Diskurses muss es u. a. um folgende Fragen gehen:
- Wenn Deutschland bis 2050 zu 100 % Strom aus erneuerbaren Energien erzeugen will (Sachverständigenrat für Umweltfragen), bedarf es vor allem eines massiven Ausbaus der Offshore-Windenergie. Auch die Stromgewinnung aus Solarenergie muss weiter ausgebaut werden. Da sowohl Wind als auch Sonnenenergie stark fluktuieren, bedarf es Stromspeicherkapazitäten z. B. in Pumpspeicherkraftwerken sowie des Aufbaus eines intelligenten Netzes (Smart Grid), das jederzeit flexibel auf Schwankungen von Angebot und Nachfrage reagieren kann. Flankierend zum Aufbau der erneuerbaren Energie ist also ein beschleunigter und hinreichend dimensionierter Netzausbau und –umbau erforderlich, um Versorgungssicherheit gewährleisten zu können. Zum Netzausbau gehört es, Stromtrassen von der Nordsee zu den Industriezentren im Westen und Süden Deutschlands zu errichten.
- Der Ausstieg aus der Kernenergie und der Einstieg in die Erneuerbaren bedarf der gesellschaftlichen Akzeptanz von Hochspannungsleitungen quer durch Deutschland. Diese ist zurzeit noch nicht hinreichend vorhanden. Im Oktober 2010 gab es an der niedersächsisch-hessischen Trasse an 300 Stellen der gesamten Strecke Veranstaltungen von Bürgerinitiativen, um gegen den Trassenverlauf zu demonstrieren. Das Raumordnungsverfahren gegen die seit 2007 geplante Freileitung verzeichnet bis heute 22.000 Einsprüche. Kommt es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung, ist mit einer Entscheidung über den Trassenverlauf vor 2015 nicht zu rechnen. Sind wir politisch bereit, ähnlich dem Bundesfernstraßenplan einen Bundesnetzplan für Hochspannungsleitungen zu verabschieden und damit verbindlich Trassen festzulegen und den Ausbau zu beschleunigen? Sind wir bereit, die jetzige Komplexität der Planungs- und Genehmigungsverfahren zu reduzieren? Der Sachverständigenrat für Umweltfragen schlägt hierzu in seinem aktuellen Gutachten vor, von einer dreistufigen zu einer zweistufigen Fachplanung zu kommen, um die Festlegung der Trassen zu beschleunigen. Sind die Stromkunden bereit, für Erdkabel als Alternative zu Hochspannungsleitungen höhere Strompreise zu bezahlen? Ist man bereit, die notwendigen Schneisen in der Landschaft für Erdkabel mit enormer Wärmesteigerung und Fragen nach der elektromagnetischen Verträglichkeit zu akzeptieren? Zu bedenken ist auch, dass der Schaden an einer überirdischen Leitung binnen weniger Stunden, Probleme an Erdkabeln aber in wesentlich längeren Zeiträumen reparabel ist. Freileitungen sind im Übrigen wegen der höheren Lebensdauer von bis zu 80 Jahren im Vorteil, da beim Wechsel von Frei- zu Erdkabeln Konverterstationen gebraucht werden, die teuer und störanfällig sind. Akzeptanz muss es auch für die Verlegung von Kabeln von Windkraftwerken durch das Wattenmeer oder von Deutschland nach Norwegen geben. Kommt der Windenergiestrom aus Norwegen zurück, muss aus Gleichstrom in einem Umspannwerk Wechselstrom für das deutsche Netz werden. Auch gegen solche geplanten Umspannwerke gibt es bereits entsprechende Initiativen und Proteste. Auch gegen Pumpspeicherkraftwerke, die im Süden Deutschlands geplant sind, gibt es Widerstand in der Bevölkerung. Das gleiche gilt auch für geothermische Kraftwerke.
- Neben der Photovoltaik in Deutschland brauchen wir große solarthermische Kraftwerke in Spanien und Nordafrika, um auch von dort einen Teil unseres Stroms der Zukunft zu beziehen. So entsteht zurzeit das größte Solarkraftwerk Europas in Südspanien. An ihm sind u. a. auch die Stadtwerke München beteiligt. Dieses Solarthermiekraftwerk Andasol3 ist zwei Millionen m² groß und kann 50.000 Haushalte mit Strom versorgen. Der Bau gilt als Testläufer für das Projekt Desertec, mit dem von 2050 an Wüstenstrom aus Nordafrika im großen Stil erzeugt werden soll. Im Rahmen der gesellschaftlichen Diskussion über die Energieversorgung der Zukunft brauchen wir auch einen Ausgleich der zentralen und der dezentralen Argumentation. Bislang prallen die Anhänger einer rein dezentralen Lösung mit denen großer Kraftwerke unversöhnlich aufeinander.
- Einen Ausgleich müssen wir auch zwischen Energieversorgung und Naturschutz herbeiführen. Wie viel regenerativen Strom aus Biogasanlagen verträgt das Land, ohne die Artenvielfalt durch zu viel monotone Maisäcker einzuschränken? Wie viel Windenergie in der Nord- und Ostsee ist mit dem Naturschutz verträglich und an welchen Standorten? (Siehe Stellungnahme des Bundesamtes für Naturschutz vom März 2011, wonach Windparks den Lebensraum bedrohter Arten gefährden.)
- Im Rahmen einer gesellschaftlichen Debatte über die Energieversorgung der Zukunft sollte auch über unseren Lebensstil diskutiert werden. Energieverschwendung ist Realität. Glaubwürdig wird ein Umstieg in der Energie nur, wenn wir z. B. Standby-Schaltungen vermeiden.
- Diskutiert werden muss auch die Balance zwischen Ausstieg aus der Kernenergie und Klimaschutz. Wie viel zusätzliche Stromerzeugung aus fossilen Kraftwerken können wir uns in einer Übergangszeit leisten ohne unsere Klimaschutzziele zu vernachlässigen?
- Wir brauchen auch eine europäische Diskussion über die Energieversorgung. Tatsache ist, dass außer Österreich und Dänemark alle unsere Nachbarn über Kernkraftwerke verfügen oder den Bau solcher planen. Auch nach den Ereignissen in Japan will die Türkei, Polen und die Niederlande neue Kernkraftwerke bauen und sind unsere westlichen Nachbarn Frankreich (78,4 %), Belgien (56,7 %) und die Schweiz (40,2 %) bei der Stromproduktion von Kernenergie abhängig.
4.) Osnabrück wird sich in den gesellschaftlichen Dialog über die Energieversorgung der Zukunft einbringen. Osnabrück muss aber auch konkret handeln. Der Rat der Stadt Osnabrück beschließt deshalb zum nächst möglichen Zeitpunkt die bisherige Stromversorgung seiner gesamten Einrichtungen auf erneuerbare Energien umzustellen. Bisher betrug der Anteil der fossilen Energieträger bei der Stromversorgung der Stadt Osnabrück 56,8 % und der der Kernkraft 15,9 %. 27,3 % des Stroms wurden durch erneuerbare Energien erzeugt. Die Stadt muss Vorbild sein. Auch wenn der Strom aus erneuerbaren Energien nach dem neuesten Tarif der Stadtwerke 0,24 ct/kwh teurer ist und das die Stadt Osnabrück im Jahr mit 45.000 € zunächst belasten wird, sollte die Stadt diesen Schritt gehen. Damit wird der Druck auf Energiesparen und Effizienzmaßnahmen innerhalb der städtischen Immobilien (s. Antrag Energieverbrauch der städtischen Gebäude senken) erhöht. Ziel muss es sein, durch höhere Effizienz und Energiesparen in den städtischen Immobilien die Mehrkosten für 100 % erneuerbare Energien mindestens zu kompensieren. Nur als Vorbild kann die Stadt erreichen, dass mehr Bürger als bisher bei den Stadtwerken Osnabrück Strom aus 100 % erneuerbaren Energien beziehen. Bisher sind dies lediglich 450 von 90.000. Der Rat der Stadt Osnabrück appelliert an die Bürger Osnabrücks, nicht nur einen Ausstieg zu fordern, sondern ihn auch persönlich vorzunehmen. Ziel muss es in den nächsten Jahren sein, durch größeren Einsatz der Erneuerbaren zu Preissenkungen zu kommen. Auf Dauer müssen die erneuerbaren Energien wettbewerbsfähig sein.
Beratungsergebnis:
Die Abstimmung erfolgt offen. Der Beschluss wird zu Ziff. 1 einstimmig angenommen.
Zu Ziff. 2 mehrheitlich gegen die Stimmen der Mitglieder der CDU-Fraktion abgelehnt.
Zu Ziff. 3 mehrheitlich gegen die Stimmen der Mitglieder der CDU-Fraktion und des Ratsmitgliedes Cheeseman abgelehnt.
Zu Ziff. 4 ist über den Antrag auf Verweisung in den Betriebsausschuss Immobilien- und Gebäudemanagement von Herrn Hagedorn abgestimmt worden. Dieser abweichende Beschluss wird mehrheitlich gegen die Stimmen der Mitglieder der CDU-Fraktion und der UWG-Fraktion angenommen.
Sodann führt Herr Ratsvorsitzender Thöle die Abstimmung über den von Herrn Mierke mündlich abgeänderten Ursprungsantrag der Fraktion von SPD-Fraktion, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und FDP-Fraktion wie folgt herbei:
Abweichender Beschluss:
Der Rat der Stadt Osnabrück fordert die Bundesregierung auf, die Gefahren, die für die Bevölkerung durch die Nutzung der Atomenergie ausgehen, zu minimieren. Dazu gehört das sofortige und dauerhafte Abschalten der älteren Atomkraftwerke und die Verkürzung der Restlaufzeiten der anderen AKW´s (u.a. das AKW Emsland) sowie die Durchsetzung von Sicherheitsstandards auf dem aktuellen Stand der Technik. Atomtransporte durch die Region sind schnellstmöglich einzustellen. Die Bundestagsabgeordneten werden gebeten, entsprechend tätig zu werden.
Beratungsergebnis:
Die Abstimmung erfolgt offen. Der abweichende Beschluss wird mehrheitlich gegen zwei Stimmen abgelehnt.
Sodann führt Herr Ratsvorsitzender Thöle die Abstimmung über den Ursprungsantrag von SPD-Fraktion, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und FDP-Fraktion wie folgt herbei:
Beschluss:
Der Rat der Stadt Osnabrück fordert die Bundesregierung auf, die Gefahren, die für die Bevölkerung durch die Nutzung der Atomenergie ausgehen, zu minimieren. Dazu gehört das sofortige und dauerhafte Abschalten der älteren Atomkraftwerke und die Verkürzung der Restlaufzeiten der anderen AKW´s (u. a. das AKW Emsland) sowie die Durchsetzung von Sicherheitsstandards auf dem aktuellen Stand der Technik. Atomtransporte durch die Region sind auf ein notwendiges Minimum zu reduzieren. Die Bundestagsabgeordneten werden gebeten, entsprechend tätig zu werden.
Beratungsergebnis:
Die Abstimmung erfolgt offen. Der Beschluss wird mehrheitlich von den Mitgliedern der SPD-Fraktion, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der FDP-Fraktion, der UWG-Fraktion und dem Oberbürgermeister gegen die Stimmen der Mitglieder der CDU-Fraktion und des Ratsmitgliedes Cheeseman angenommen.
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