Bürgerschaftliches Engagement zum Schutz der Stadtbäume im Klimawandel

Bürgerschaftliches Engagement zum Schutz der Stadtbäume im Klimawandel / Anfrage der Gruppe Grüne/SPD/Volt im Betriebsausschuss Osnabrücker ServiceBetrieb am 18.04.2023

24.03.23 –

Sachverhalt:

Die Folgen der Klimaerwärmung sind auch in Osnabrück deutlich spürbar. Es zeichnet sich ab, dass im Sommer trockene Hitzeperioden deutlich länger dauern als noch vor einem Jahrzehnt. Die Trockenheit gefährdet die Stadtbäume, die für unser aller Wohlergehen unverzichtbar sind. Bäume verschönern nicht nur das Stadtbild. Sie sind überlebenswichtig für das Stadtklima. Denn Bäume sind natürliche Temperaturregler und sorgen für frische Luft. Sie filtern Schadstoffe und Staub, sie nehmen CO2 auf und produzieren Sauerstoff. Bäume kühlen durch Wasserverdunstung und spenden Schatten.

Vereinzelt gibt es bereits die Bereitschaft von Menschen in ihrer Nachbarschaft und darüber hinaus, sich um die Wasserversorgung der von Trockenheit bedrohten Stadtbäume zu kümmern und mit ihrem Engagement die Arbeit des Osnabrücker ServiceBetrieb (OSB) zu unterstützen. Diese Initiativen gilt es zu fördern und weitere zu motivieren.

Deshalb fragen wir die Verwaltung:

  1. Welche Initiativen einzelner Bürger:innen oder auch Nachbarschaftsinitiativen zum Schutz der Stadtbäume aus den vergangenen Jahren sind der Verwaltung bekannt?
  2. Wie könnten mehr Bürger:innen motiviert und angeleitet werden, Stadtbäume in ihrer direkten Nachbarschaft mit Wasser zu versorgen und hierbei fachgerecht (Gießmethoden, Anpassung an Bodenbeschaffenheit, etc.) und Trinkwasser schonend vorzugehen? Welche Unterstützung kann der OSB dazu leisten?
  3. Könnte das von der Stadt Essen unterstützte bürgerschaftliche Projekt „Gießkannenheld:innen” aus fachlicher Sicht auch Vorbildcharakter für die Stadt Osnabrück haben?

In ihrer Mitteilungsvorlage vom 06.04.2023 antwortete die Verwaltung wie folgt:

Der OSB beschränkt sich (nicht nur als Folge begrenzter Ressourcen) auf die Wässerung von Jungbäumen bis zum 3 - 5 Standjahr sowie von älteren Bäumen nur an exponierten Standorten in stark versiegeltem Umfeld (Große Domsfreiheit, Rosenplatz, Große Straße etc). Eine Ausweitung des Wässerns auf den Altbaumbestand bei insgesamt über 60.000 städtischen Bäumen ist weder praktisch durchführbar noch aus fachlicher Sicht in allen Fällen zu fordern: 

Jungbäume sind im Gegensatz zu Altbäumen stärker auf Wasserquellen in den oberen Bodenschichten angewiesen. Ihr Wurzelsystem reicht in den ersten Jahren noch nicht bis zu den tieferen feuchten Bodenschichten. Altbäume hingegen besitzen in der Regel ein tiefreichendes, viel weiter verzweigtes Wurzelwerk, das längere Trockenheitsphasen überstehen hilft. Darüber hinaus benötigt ein Altbaum im Vergleich zu einem Jungbaum eine bis zu einhundertfach höhere Wassermengen pro Tag, was eine Bewässerung sehr aufwändig und wenig effektiv macht, zumal das Gießwasser die tieferen Wurzelbereiche kaum erreicht.

Außerdem variiert das Maß des zu erwartenden Trockenheitsstresses infolge von Wassermangel je nach Baumart stark, da sich Anpassungen an Trockenstress von Baumart zu Baumart qualitativ und quantitativ unterscheiden. Vermindertes Wachstum per se ist aber noch keine unmittelbare Bedrohung für den Fortbestand von städtischen Bäumen: Ein Baum, der seine aus der Photosynthese gewonnene Energie in geeignete Maßnahmen zur Anpassung an Trockenheit investiert und dabei noch in der Lage ist, Wachstums- und Entwicklungsprozesse auf einem gewissen Niveau aufrecht zu erhalten, ist nicht unbedingt von Vitalitätsverlust bedroht. Dies gilt unter den Voraussetzungen, dass trotz verringerten Wachstums der Stressfaktor erfolgreich bewältigt werden kann und dass auch für die Reaktion auf eventuell zusätzlich in Erscheinung tretende Stressoren genügend Reserven bereitstehen. Zusammengefasst lassen sich, basierend auf Untersuchungen der Stadt Hamburg, folgende Faktoren benennen, die die Trockenstressbewältigung von Bäumen zusätzlich beeinflussen:

  • Bodenbeschaffenheit und Dynamik des Bodenwasserhaushaltes an urbanen Baumstandorten;
  • Reaktionsschwellen von Bäumen in Abhängigkeit von Bodenbeschaffenheit und Bodentrockenheit;
  • Artspezifische Reaktionsmuster der Spaltöffnungen auf verringerte Wasserverfügbarkeit;
  • Artspezifische Allokationsmuster (d. h. die Fähigkeit von Bäumen, die Aufteilung der durch Photosynthese gewonnenen energiereichen Substanzen auf Organe, Gewebe und Prozesse unterschiedlich zu regulieren), hier ist insbesondere die Anpassung des Wurzelwachstums genannt;
  • Artspezifische Resilienz nach Trockenstress.

Unter Berücksichtigung der o.g. Faktoren als Grundlage der städtischen Handlungsstrategie zur Baumbewässerung erfolgt die Beantwortung der in der Vorlage aufgeworfenen Fragen zur Bürgerpartizipation bei der Bewältigung des Trockenheitsstresses von Stadtbäumen in Osnabrück wie folgt:

Zu 1.:

Der Verwaltung sind individuelle Maßnahmen einzelner Bürger bekannt, die Bäume vor ihrer Haustür regelmäßig während der sommerlichen Hitzeperioden gießen und pflegen. Hierüber berichtete z. B. auch der NDR in einem Beitrag der Sendung „Hallo Niedersachsen“.

Zu 2.:

Grundsätzlich können während sommerlicher Hitze-und Trockenperioden Aufrufe in den Medien zum Gießen von Jungbäumen dabei helfen, den Trockenheitsstress von städtischen Bäumen zu mildern und das bürgerliche Engagement zu stärken. Anlassbezogene Hinweise zum richtigen Gießen und zum Gießzeitpunkt (Methodik) sowie zu baumphysiologischen Ansprüchen und Unterschieden (Biologie) können über die Homepage der Stadt Osnabrück gegeben werden. In diesem Zusammenhang wird auf die Zielkonflikte hingewiesen, die in Trockenheitsperioden dadurch entstehen können, dass einerseits von den Wasserversorgern (Stadtwerke) aus nachvollziehbaren Gründen gegebenenfalls zum Wassersparen (Trinkwasser) aufgerufen wird und andererseits ein öffentliches Interesse daran besteht, dass Bürgerinnen und Bürger beim Wässern von Jungbäumen in ihrem Wohnumfeld die städtischen Dienststellen unterstützen. Der OSB wässert im Gegensatz zu den Möglichkeiten der Privathaushalte mit Klarwasser (keine Trinkwasserqualität) des Klärwerkes.  

Zu 3.:

Das Projekt Gießkannenheld:innen der Stadt Essen beschreibt im Grunde nach eine Werbekampagne im Stile von kostenlosen Give-aways (Gießkannen) mit dem Ziel, hierdurch die Aufmerksamkeit für die Notwendigkeit der Baumbewässerung zu wecken  und die Motivation und das bürgerschaftliche Engagement entsprechend zu stärken. Dahinter steckt das Prinzip der sogenannten Reziprozität (Gegenseitigkeit). Das Prinzip besagt, dass der Beschenkte sich bei dem Schenkenden revanchieren möchte, indem er oder sie ihm ebenfalls etwas Gutes tut. Wichtig für die Wirksamkeit eines Give-away ist, dass es einen gewissen Alltagsnutzen, einen direkten Bezug zur Botschaft (Ziel) und ein gewisses Reminder-Potential beinhaltet. All diese Faktoren scheinen beim Essener Projekt vorzuliegen, dennoch bestehen aus grünfachlicher Sicht Zweifel daran, dass die Verteilung von kostenlosen Gießkannen, die wohl in vielen angesprochenen Haushalten in der Regel bereits vorhanden sind, dazu führen werden, diese auch zielgerichtet zum Nutzen der Jungbäume einzusetzen. Dem Gegenseitigkeits-Prinzip steht ein im Vergleich zum kostenlosen Geschenk langfristiger Aufwand (Gießen) entgegen, die Aufmerksamkeit für das Ziel reduziert sich mit der Änderung der Witterungsverhältnisse, die Nachhaltigkeit des Projektes ist durch die Verwendung von Kunststoffartikel kritisch zu sehen und der Erfolg kaum prüfbar. Eventuell könnten auch Erfahrungen der städtischen Freiwilligen-Agentur mit ähnlich gelagerten Projekten, soweit vorhanden, einfließen und ausgetauscht werden, um ein zielgerichtetes Ansprechen des bürgerschaftlichen Engagements für die Problematik zu eruieren.

Kategorie

Anfrage | Klimaschutz | Natur und Umwelt

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