11.09.25 –
Beschluss:
Der Rat der Stadt Osnabrück beschließt, seinen Einsatz für die von Armut betroffenen Kinder und deren Familien zu intensivieren:
Sachverhalt:
Fast jedes fünfte Kind in Osnabrück lebt in Armut. Laut den Ergebnissen des jüngsten Sozialmonitorings 2024 (VO/2025/4162) ist es in einigen Bereichen unserer Stadt sogar beinahe jedes zweite Kind. Hinter jeder dieser Zahlen, die im niedersächsischen Vergleich Höchstwerte sind, stehen die individuellen Schicksale der Kinder und ihrer Familien.
Diesen Zustand nehmen wir nicht hin. Armut ist ein gesamtgesellschaftliches Problem und geht uns alle an. Auch die Stadt ist gefordert, im Rahmen der ihr gegebenen Möglichkeiten ihren Einsatz für die von Armut betroffenen Kinder, Jugendlichen und deren Familien zu intensivieren. Dabei kann sie auf gute Strukturen und Netzwerken aufbauen – in den Kinder-, Jugend- und Gemeinschaftszentren, über die Arbeit im Beirat für Kinderinteressen und Präventionsketten sowie Dank der haupt- und der vielen oftmals ehrenamtlich engagierten Menschen in Organisationen wie VPAK, der Tafel oder auch der Arche.
Die Ursachen von Armut sind vielfältig, sodass es das eine Lösungspaket – zumal kommunal – nicht gibt und zugleich die Zusammenarbeit unterschiedlicher Akteur:innen aus Verwaltung und Stadtgesellschaft bedingt. Vor diesem Hintergrund schlagen wir mit unserem Antrag fünf konkrete Maßnahmen vor, die nicht das Ende, sondern den Anfang für die Intensivierung der Bemühungen im Kampf gegen Kinder- und Jugendarmut darstellen.
Kinder in Armutslagen sind häufig auch von emotionaler Armut betroffen. Umso wichtiger ist es, die Beziehungsarbeit mit den Betroffenen zu stärken. Ein Ansatz können dabei ehrenamtliche Patenprojekte sein, wie es sie mit den „Mitmachpaten“ zum Beispiel in Münster gibt (https://www.mitmachkinder.de/de/programme--projekte/patenprogramm/). Auch Erfahrungen bereits vorhandener Projekte wie den Familienbegleiterinnen sollen Berücksichtigung finden.
Die Leistungen für Bildung und Teilhabe (BuT) für Kinder und Jugendliche aus finanziell herausgeforderten Familien decken unter anderem den persönlichen Schulbedarf, Lernförderung, Ausflüge, Vereinsbeiträge und Mehraufwendungen für die gemeinschaftliche Mittagsverpflegung ab. Zu oft erreichen diese Leistungen die Familien jedoch nicht, häufig, weil diese keine Kenntnis über die Unterstützungsleistungen haben. Deshalb muss der Zugang zu den BuT-Mitteln für alle Betroffenen weiter verbessert werden.
Seit fünf Jahren leistet die an der Bremer Straße ansässige Arche vor allem über Bildungs- und Freizeitangebote einen wichtigen Beitrag zur Unterstützung von Kindern, Jugendlichen und Familien, die von Armut betroffen sind. Dabei gerät sie vielfach an ihre Grenzen. So musste sie im Herbst 2024 einen Aufnahmestopp verkünden. Aktuell sind rund 130 Kinder und Jugendliche in der Arche, die trotz des gestiegenen Bedarfs gegenwärtig neben der Leiterin von einer Mitarbeiterin und einem Freiwilligendienstleistenden sowie rund 30 ehrenamtlich engagierten Menschen getragen wird. Die Arche Osnabrück als eine von 36 Archen in Deutschland ist ein anerkannter Träger der freien Jugendhilfe und Mitglied im Diakonischen Werk Berlin-Brandenburg. Anders als andere Organisationen, die ebenfalls über die Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Familien mit dem Thema Kinderarmut befasst sind, erhält sie bislang keine städtischen Zuschüsse, sondern finanziert sich ausschließlich aus Spenden. Im Rahmen eines Vor-Ort-Termins im August hat die Arche den Wunsch um Unterstützung bei den Mietkosten deutlich gemacht. Angesichts des erheblich gestiegenen Bedarfs an betroffenen Kindern und Jugendlichen sollten darüber hinaus weitere – auch nicht finanzielle – Unterstützungsmöglichkeiten für die Arche und weiterer in diesem Bereich engagierter Träger geprüft werden.
Unter Federführung der Arbeitslosenselbsthilfe (ASH) Osnabrück wurde 2011 von einem breiten Netzwerk des Projekts „Allen Kindern Zukunft geben! Das schaffen wir in Osnabrück gemeinsam“ ein Strategiekonzept zur Überwindung der Kinder- und Jugendarmut in Osnabrück vorgestellt. Darin werden konkrete Handlungsfelder benannt und für diese jeweils Ziele und Maßnahmen vorgeschlagen. Das Strategiekonzept ist nach dem frühen Scheitern des für dessen Umsetzung geeigneten Runden Tisches Kinderarmut nicht weiterverfolgt worden. In der gegenwärtigen Konstellation halten wir den Beirat für Kinderinteressen für das passende Gremium, um das Strategiekonzept von 2011 unter Einbindung weiterer Akteur:innen wie der Wohnungswirtschaft, dem Jobcenter und der Wirtschaftsförderung zu überarbeiten und der Politik konkrete Maßnahmen zur Überwindung der Kinderarmut in unserer Stadt vorzuschlagen.
gez. Jens Meier
Gruppe Grüne/Volt
gez. Susanne Hambürger dos Reis
SPD-Fraktion
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