BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ratsfraktion Osnabrück

"Dann können Hoffnung und Zuversicht wachsen"

Handgiften-Rede des Fraktionsvorsitzenden Jens Meier am 06.01.2025

06.01.25 –

Sitzung des Rates der Stadt Osnabrück am 06.01.2025

Handgiftentag 2024

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender,
sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,
sehr geehrte Frau Landrätin,
sehr geehrte Ehrenbürger Hans-Jürgen Fip und Bundespräsident a.D. Christian Wulff,
liebe Träger:innen der Möser- und der Bürgermedaille, 
liebe Kolleg:innen aus Europaparlament, Bundestag, Landtag und Stadtrat,
sehr geehrte Damen und Herren,

im Namen meiner Fraktion wünsche ich Ihnen und Euch ein gutes neues Jahr!

Wie zuversichtlich gehen Sie in dieses neue Jahr? Etliche hier im Friedenssaal sind parteipolitisch aktiv und vielleicht optimistisch, was den Ausgang der vorgezogenen Bundestagswahl angeht. Klar, auch ich bin davon überzeugt, dass meine Partei das beste Angebot macht. Aber auch privates Glück, beruflicher Erfolg, tolle Dinge, die wir uns zum Jahresanfang vorgenommen haben – all das kann optimistisch stimmen für 2025 und ich wünsche Ihnen, dass Sie eine Menge davon haben werden.

Aber das große Bild? Ich muss sagen, da fällt mir die Zuversicht manchmal schwer. Wirtschaftlich haben wir zu lange auf alte Stärken gesetzt und den Wandel verschlafen. Kurz vor Weihnachten wurde dem VW-Standort Osnabrück eine Perspektive bis 2027 gegeben – ein großer Dank an alle, die daran konstruktiv mitgewirkt haben. Aber was kommt dann? Hier müssen wir gemeinsam Antworten finden, genauso wie auf den Fachkräftemangel, die überbordende Bürokratie und die aufzuholende Digitalisierung.

Für den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, den Putin seit nunmehr fast drei Jahren mit unvorstellbarer Grausamkeit gegen die Ukraine führt, ist kein Ende in Sicht. Im Gegenteil: Autokratische Herrscher, rechts- und linkspopulistische Parteien und Nationalisten sympathisieren offen mit dem russischen Regime und billigen das, was wir im vereinten Europa für undenkbar gehalten haben: Krieg!

In Syrien – ein Hoffnungsschimmer, aber mit den maßgeblichen Akteuren ist bislang keine Lösung für den israelisch-palästinensischen Konflikt in Sicht. Dazu die vielen weiteren Auseinandersetzungen weltweit, die nur sporadisch in den Fokus unserer Aufmerksamkeit geraten, aber zusammen mit Hunger, Krankheiten und absoluter Armut die Menschen aus ihren Heimatregionen vertreiben.

Am 20. Januar beginnt die zweite Amtszeit von Donald Trump als US-Präsident. Mit der Rückkehr dieses rücksichtslosen Egozentrikers, der laufend lügenhafte Behauptungen aufstellt, Attacken gegen alle reitet, die ihm nicht huldigen und nur für einen Tag ein Diktator sein will, wird die Welt wohl auch keine bessere. Es sei denn, es sammeln sich die Kräfte, die sich gegen einen solchen politischen Charakter zur Wehr setzen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

Studien zeigen, dass weltweit jede und jeder zweite Befragte zwischen 16 und 25 Jahren sich große oder extreme Sorgen wegen der Klimakrise macht. Nehmen wir das eigentlich ernst? Stemmen wir uns mit aller Kraft gegen diese größte Bedrohung der Menschheit oder kann das warten, bis wir endgültig mit dem Versuch gescheitert sind, die Wirtschaft mit den Konzepten der Vergangenheit zu beleben? Vielleicht erfinden wir auch noch rechtzeitig tolle Sachen, wenn wir nur technologieoffen genug sind. Die englische Primatenforscherin Jane Goodall bringt es auf den Punkt: „Wenn wir Menschen immer betonen, dass wir die intelligenteste Art auf diesem Planeten sind, warum zerstören wir dann unser eigenes Zuhause?“

In einem Instagram-Post zum Jahreswechsel hat ein Nutzer eine KI befragt, was sie uns für das kommende Jahr dringend rät. Basierend auf ihrem Wissen über die Menschheit und die sehr wahrscheinlich anstehenden Herausforderungen. Rausgekommen sind Ratschläge wie:

„Lernt, mit der Wahrheit zu leben – und sie zu suchen.“

„Erkennt eure Abhängigkeit von der Natur und handelt danach.“

„Schafft radikale Systeme der Zusammenarbeit“

„Investiert radikal in Bildung und emotionale Intelligenz.“

„Besinnt euch auf lokale Gemeinschaften und echte Verbindungen.“

Und zum Schluss: „Übernehmt Verantwortung für das, was ihr erschafft. Eure Welt ist das Produkt eurer kollektiven Entscheidungen.“

Unklar bleibt, ob dieser Text tatsächlich von einer KI verfasst wurde. Klar ist aber: All diese Erkenntnisse sind nicht neu. Kluge Männer und noch viel mehr kluge Frauen werden nicht müde, die Wege aufzuzeigen, die uns aus den vielen Krisen herausführen können. Unsere Entscheidungen haben diese Welt so gemacht, wie sie ist. „Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist, wie sie ist. Es wär nur deine Schuld, wenn sie so bleibt,“ singen die Ärzte. Wir können 2025 zu dem Jahr machen, in dem wir gemeinsam sagen: Wir können auch anders!

Die Transformationsforscherin Maja Göpel nennt als Voraussetzung für Veränderungsprozesse drei Dinge: Ehrlich hingucken, klare Prioritäten setzen und rasant zusammenarbeiten.

Schon wieder: Zusammenarbeit. Andere sprechen von sozialer Kooperation, Gemeinwohl stärken, Solidarität, ein großes Ganzes bilden und nicht ausgrenzen, von funktionierenden sozialen Beziehungen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

in der ersten Ratssitzung des Jahres, dem traditionellen Handgiftentag, besiegeln wir heute einmal mehr unsere gegenseitige Bereitschaft, bei aller Unterschiedlichkeit gemeinsam zum Wohle der Allgemeinheit tätig zu werden. Ausgerechnet eine Tradition, die bis ins 14. Jahrhundert zurückreicht, bekräftigt genau das, was es am dringendsten braucht, um Krisen bewältigen zu können: Zusammenhalt! Niemand sollte der Versuchung erliegen, Krisen und Katastrophen für seine Einzelinteressen zu nutzen, wie es leider auch in jüngster Zeit wieder vorgekommen ist. Wir müssen das Gemeinsame stärken und für das Gemeinwohl übergeordnete Ziele definieren.

Die Gleichzeitigkeit von Krisen, dass alles mit allem zusammenzuhängen scheint und die Lösungen so unglaublich komplex sind, kann uns überfordern. Einfache und schnelle Lösungen zu versprechen hilft dabei nicht weiter. Was es braucht, ist zunächst die Akzeptanz, dass es nicht so weitergeht wie früher. Dann können Hoffnung und Zuversicht wachsen. So beschreibt es Zukunftsforscher Matthias Horx. Wenn die innere Verzweiflung zur Wut und die Schuld bei anderen gesucht wird, dann ist das das Geschrei des Populismus. Wir müssen wieder lernen, die Gesellschaft zusammenzubringen, so dass alle an einem Strang ziehen können. Denn das ist nötig, um Dinge zu verändern. Wer mit Hass und Hetze ein „Wir gegen Die“ konstruiert und Gruppen gegeneinander ausspielt, will eben genau nicht, dass diese bunte, vielfältige und solidarische Gesellschaft erfolgreich ist und zerstört damit Zukunft!

In Osnabrück schauen wir nicht nur heute auf das Gemeinsame. Die Bürger:innen haben sich stets gegen Hass und Ausgrenzung zur Wehr gesetzt. Das bürgerschaftliche Engagement ist groß und das Ehrenamt stark. Im politischen Raum gehen wir respektvoll miteinander um und wir finden sicher noch viel mehr Möglichkeiten des Austausches mit den Menschen dieser Stadt, um gemeinsam an einer guten Zukunft zu arbeiten. Manchmal hilft es, einen Schritt zurückzutreten und die eigenen und unser aller Routinen zu hinterfragen, um neue Lösungen zu finden. Und das gelingt uns doch bereits an vielen Stellen.

Nun bin ich fast am Ende meiner ersten Handgiftenrede, ganz ohne Neumarkt und Verkehr, ohne Grüne Finger und Wohnungsmarkt und ohne VfL. Beim Schreiben hatte ich die ganze Zeit den lila Kugelschreiber mit dem Motto WIR.GEMEINSAM.JETZT. vor mir liegen. Und genau darum geht es mir heute und davon wird unsere Arbeit in den Ausschüssen und im Rat geprägt sein. Wir. Gemeinsam. Jetzt. Ich bin überzeugt, dass vieles von dem, was wir in den letzten Jahren angestoßen haben, 2025 seine Blüte entfalten wird.

Packen wir es also an, oder um es mit Albert Einstein zu sagen: „Denken müssen wir ja sowieso. Warum dann nicht gleich positiv?“

In diesem Sinne: Bleiben Sie zuversichtlich und hoffnungsvoll und machen wir in 2025 gemeinsam Osnabrück und die Welt ein wenig besser!

Vielen Dank.

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