BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ratsfraktion Osnabrück

10 Millionen für eine Straße, die keiner braucht

11.12.12 –

Rede zum Haushalt 2013 des Fraktionsvorsitzenden Michael Hagedorn

Die finanzielle Situation der Stadt OS ist nach wie vor nicht einfach, aber das Ergebnis 2011 und der zu erwartende Überschuss 2012 zeigen, dass wir finanziell handlungsfähig sind. Diese Handlungsfähigkeit wurde durch einen im Wesentlichen konsequenten Konsolidierungskurs erreicht, der allein seit 2005, und da haben ja die Sparbemühungen nicht erst begonnen, ein Konsolidierungsvolumen von kumuliert 45 Millionen Euro an Einsparungen erbracht hat.

Dabei haben wir immer dafür gesorgt, dass die kulturelle und soziale Infrastruktur und damit die Lebensqualität der Stadt erhalten bleibt. Wir sind froh, dass wir in diesem Jahr wieder die personellen Kostensteigerungen in Höhe der Tarifsteigerungen tragen können und bei einigen Trägern, wie der Frauenberatungsstelle, der Aids-Hilfe, dem Verein Wir-in-Atter und der Arbeitslosenselbsthilfe auch bei den freiwilligen Leistungen bestimmte Angebote sichern beziehungsweise ausbauen können.

Was uns als GRÜNE natürlich besonders interessiert: Wir haben die personellen Voraussetzungen geschaffen, um den Masterplan Klimaschutz erfolgreich in dieser Stadt und in dieser Region vorantreiben zu können. Gleichwohl kommen wir auch in diesem Jahr um weitere Konsolidierungsanstrengungen nicht umhin: So schmerzhaft das ist: Wir werden nach Jahren der Gebührenstabilität die Kita-Gebühren erhöhen müssen. Warum?

Weil der Kostendeckungsgrad der Elternbeiträge immer weiter sinkt. Weil der Bund uns mit dem Ausbau der Kinderbetreuung per Gesetz verpflichtet, das notwendige Geld aber nicht dazu gibt. Und weil das Land uns bestiehlt, in dem es Gelder, die für die Städte bestimmt sind, im Landeshaushalt zurückbehält, wie bei den Unterkunftskosten für Hartz IV-Empfänger. Oder nicht die tatsächlichen Kosten für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises übernimmt. Allein für die Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes hat uns das Land für die Jahre 2008 und 2009 nach Feststellung der Sozialverwaltung 9,2 Millionen Euro vorenthalten.

18 Millionen für den Ausbau von Schulen und Kindertagesstätten, das sind knapp 30 Prozent unserer Gesamtinvestitionen, sind ein deutliches Zeichen dafür, dass der Schwerpunkt Bildung für uns nicht nur auf dem Papier steht. Wir müssen aber auch bei den Schulinvestitionen sorgsam planen: Dies ist auch einer der Gründe, warum wir zum Beispiel bei der Erweiterung des Ratsgymnasiums vorsichtig sind. Hier, wie auch in anderen Schulen, werden ca. 35 Prozent der Schüler aus dem Landkreis beschult. Die notwendigen Investitionen zur Beseitigung der Container sind erheblich. Ein Problem ist jedoch unser Gastschulgeldvertrag mit dem Landkreis: Die Investitionen für die Schulgebäude, in denen in nicht unerheblichem Maße auch Schüler aus dem Landkreis beschult werden, tragen wir als Stadt allein. Hier geht es um Millionen. Wir müssen im Rahmen der Schulentwicklungsplanung sehen, welche Schulstandorte wir in welcher Größenordnung für unsere Kinder mittel- und langfristig brauchen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Landkreis in Zukunft vermutlich mehrere Gesamtschulen einrichten wird, was zu einer Verringerung der Schülerzahlen aus dem Landkreis an städtischen Schulen führen wird. Was wir also dem Grunde nach brauchen, ist eine Schulentwicklungsplanung, die auch regionale Veränderungen berücksichtigt. Wenn wir einfach auf der Basis des Status Quo weiterplanen, setzen wir möglicherweise Millionen in den Sand.

Darüber hinaus kommen auf die Stadt erhebliche finanzielle Risiken zu:

-      Die Gesamtverschuldung ist nach wie vor zu hoch. Sollten wir in Zukunft wieder Zinssätze wie in der Vergangenheit erreichen, so würde uns der Schuldendienst die Luft abdrücken.

-      Der Kredit für den VFL ist natürlich nicht ohne Risiko, da niemand weiß, ob der Neustart tatsächlich gelingt.

-      Im nächsten Jahr entscheiden die Bürgerinnen und Bürger darüber, ob wir für mindestens 10 Mio. Euro eine Westumgehung bauen, die keiner braucht. 

Ein weiterer Punkt: Im Haushalt ist eine Eigenkapitalverstärkung für den FMO berücksichtigt. Egal, ob als Beihilfe oder als Kredit ausgezahlt: Diese Finanzspritze wird nach den gegenwärtigen Finanzdaten nicht einmal ausreichen, die Verluste der kommenden Jahre auszugleichen. Statt dass die Eigenkapitalsituation sich verbessert, wird sie sich also weiter verschlechtern. Dramatische Einbrüche bei den Passagierzahlen und bei den Entgelten sind die Ursachen. Jahrelang wurden unsere Warnungen in den Wind geschlagen und die meisten hier wollen sich immer noch nicht öffentlich von der Start- und Landebahnverlängerung verabschieden, weil sie damit einräumen müssten, dass die GRÜNEN von Anfang an Recht gehabt haben, als sie auch aus Gründen der wirtschaftlichen Vernunft vor diesem Schritt gewarnt haben. Deshalb wurden 20 Millionen hierfür verpulvert und deshalb werden weiterhin Steuergelder für Planungen ausgegeben, die aus heutiger Betrachtung nie verwirklicht werden. Faktisch ist die Start- und Landebahnverlängerung nämlich längst vom Tisch. Der FMO kämpft ums nackte Überleben, auch wenn einige Infrastrukturfetischisten hier im Haus und die Hurra-Journalisten von der NOZ das nicht wahrhaben wollen. Damit meine ich übrigens keinen der anwesenden Journalisten, die Stadtredaktion musste das Thema ja an die FMO-Jubelabteilung vom Landkreis abgeben – angesichts der 3-Prozent-Anteile, die der Landkreis dort hält im Vergleich zu unserem 18-Prozent-Anteil auch so eine Merkwürdigkeit.

Ein Wort zur Feuerwehr und der Brandschutzbedarfsplanung: Natürlich ist uns die Sicherheit der Bevölkerung wichtig, aber es kann nicht sein, dass mit dem Hinweis auf das allerletzte Risiko jede Maßnahme genehmigt wird, koste es was es wolle. Und, meine Damen und Herren von der CDU, Herr Meyer mit „y", Sie haben da glaube ich etwas falsch verstanden: Nur weil die oberste Ebene der Feuerwehr „Stadtkommando" heißt, muss man angesichts deren Vorstellungen nicht gleich die Hacken zusammenschlagen! 

Worüber reden wir hier? Wir reden über Investitionskosten in zweistelliger Millionenhöhe und über Personalmehraufwendungen von 1 Millionen pro Jahr, um im Ergebnis die durchschnittliche Ankunftszeit der Feuerwehr am Brandort um weniger als 1 Minute zu verbessern. Das muss der Bürger auch wissen – und er muss wissen, dass, je teurer diese Maßnahmen werden, umso weiter sich Schulsanierungen, der Ausbau von Kitas usw. verzögern. Da müssen die Schüler möglicherweise noch ein wenig länger in Containern sitzen, weil dieses Geld für die Schulsanierung fehlt. 

Um hier keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Was notwendig ist, werden wir machen, auch wenn es teuer wird. Aber es ist auch unsere Pflicht, hier wirklich alles zu tun, um den kostengünstigsten Weg zu wählen und eine Kosten-/Nutzenabwägung zu treffen, etwas, was wir übrigens auch bei der Entscheidung tun, ob die Unfallhäufigkeit an einer Kreuzung die kostenträchtige Installation einer Ampel rechtfertigt oder nicht.

Das gleiche gilt für die Westumgehung: 10 Millionen für eine Umgehungsstraße, die keiner braucht, bedeuten 10 Mio. weniger für die Schule, für die Stadtteilzentren und natürlich auch für Maßnahmen des Klimaschutzes. Wir sind aber davon überzeugt, dass die Bürgerinnen und Bürger klug genug sind, sich hier richtig zu entscheiden.

Dieser Haushalt ist der erste mit umfassender Bürgerbeteiligung. Ich finde, das gesamte Verfahren und die Beteiligung machen Mut, auf diesem Weg weiterzugehen. Trotz der Risiken: Wir haben gute Chancen, dass nach dem Jahr 2012 auch das Jahr 2013 mit einem positiven Ergebnis endet. Gleichzeitig haben wir wichtige Weichen für die Zukunftsfähigkeit der Stadt gestellt. 

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Haushalt, Finanzen | Pressemitteilung

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