BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ratsfraktion Osnabrück

Weiterführung des Planverfahrens Bebauungsplan Nr. 620 Windthorststraße/Kahle Breite - Fragen und Antworten

13.03.24 –

Osnabrück ist eine wachsende, eine grüne Stadt. Wir stehen dafür, dass das so bleibt und dass Anforderungen wie die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, Infrastruktur und Arbeitsplätzen damit in Einklang gebracht werden. Wir stehen zu dem Ziel, 3.000 neue Wohnungen in unserer Stadt zu schaffen. Dafür brauchen wir neben der Sanierung im Bestand auch den Wohnungsneubau. Jede zusätzliche Versieglung schafft dabei nicht nur mit Blick auf den Klima- und Umweltschutz Konflikte. Deshalb gilt es, die knappen vorhandenen Flächen möglichst sparsam und effizient zu nutzen. Wir stehen für eine umwelt-, sozial- und zukunftsgerechte Stadtentwicklung. Dafür haben wir neben den bereits 2018 beschlossenen Rahmenvorgaben für die Baulandentwicklung in den Jahren 2022 und 2023 wegweisende Entscheidungen für den Schutz und die Weiterentwicklung der Grünen Finger und für eine sozial- und klimagerechte Bodennutzung getroffen. Im März 2024 haben wir zudem das integrierte Stadtentwicklungsprogramm (STEP) zur verbesserten Flächennutzung verabschiedet.

Die Mehrheitsgruppe von GRÜNEN, SPD und Volt hat am 30. November 2023 der Weiterführung des Planverfahrens zur wohnbaulichen Entwicklung des Bebauungsplanes Nr. 620 – Windthorststraße/Kahle Breite im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt zugestimmt. Daran gibt es Kritik. Dazu Fragen und Antworten.

Um was für eine Fläche geht es?

Es handelt sich um eine Ackerfläche nördlich und südlich der Windthorststraße im Stadtteil Schinkel-Ost in unmittelbarer Nähe der Gesamtschule Schinkel. Angrenzend befindet sich die Kleingartenanlage „Kahle Breite“.

Wie ist die Vorgeschichte?

Der Beschluss, für diese Fläche einen Bebauungsplan aufzustellen, wurde bereits 2018 gefasst. Als GRÜNE Ratsfraktion haben wir damals durchgesetzt, dass für den gesamten östlichen Stadtteil eine vertiefende stadtklimatische Untersuchung durchgeführt wird. 2016 wurde ebenfalls auf unser Betreiben das von 1997 stammende Stadtklimagutachten für die Gesamtstadt aktualisiert beziehungsweise in weiten Teilen neu erarbeitet. In den Fokus geriet damit erstmals und systematisch die Frage von Hitze, Kaltluftentstehung und Frischluftversorgung. Das vertiefende Gutachten für die östlichen Stadtteile hatte zur Folge, dass drei von insgesamt sieben potentiellen Bauflächen nicht weiterverfolgt werden. Für alle Beriech wurden ausführliche Planungsempfehlungen aus stadtklimatischer Sicht gegeben, die auch für eine mögliche Bebauung an der Windthorststraße nach wie vor handlungsleitend sind.

Im Februar 2022 wurde das städtebauliche Konzept zur Entwicklung des Bebauungsplans Nr. 620 Windthorststraße/Kahle Breite einstimmig abgelehnt. Warum?

Der städtebauliche Entwurf hat nicht überzeugt! Die Investoren haben zu Beginn einen Standardentwurf vorgelegt: Nur geringe Verdichtung, das heißt wenig Wohnraum bei großer Versiegelung, kaum Berücksichtigung der stadtklimatischen Aspekte, kein Mobilitätskonzept, keine Qualität im Freiraum. In mehreren Runden wurde der Entwurf überarbeitet, aber fand zu Recht keine Zustimmung. Damit war das Verfahren auf null gestellt und das berühmte „weiße Blatt“ musste her, um ganz neu zu denken. 

Was ist Inhalt des Beschlusses vom 30. November 2023?

Die Investoren waren bereit, mit Politik und Verwaltung tatsächlich bei null anzufangen und zunächst ein sogenanntes städtebauliches Leitbild aufzustellen. Dafür wurde ein externes Planungsbüro ins Boot geholt. Um die zentrale Herausforderung der hohen stadtklimatischen Bedeutung des Gebiets anzugehen, wurde das Büro, das bereits alle vorhergegangenen Untersuchungen angestellt hat, zur Beratung hinzugezogen. Das Leitbild wird so formuliert:

„Entwicklung eines Quartiers, in dem das städtebauliche Ziel einer flächeneffizienten Wohnraumbereitstellung sowohl mit den globalen Zielen des Klimaschutzes als auch mit den lokalen Anforderungen an die Klimaanpassung in Einklang gebracht werden.“ (S. 10)

Darauf aufbauend werden Leitprinzipien für den Bereich Städtebau, Mobilität und Klima formuliert. Erste Strukturkonzepte befassen sich vor allem damit, wie die Kaltluft das Quartier durchströmen kann und welche Baufelder dann möglich werden.

Was sagt der stadtklimatische Gutachter?

Das dem neuen Konzeptentwurf zum städtebaulichen Leitbild zugrundeliegende GEONET-Gutachten zur klimaökologischen Situation, das die Flächen an der Windthorststraße als „Kaltluftabflussgebiet mit Leitbahnfunktion“ (S. 3) identifiziert, weist darauf hin, „(…) dass auch eine behutsame, stadtklimatisch optimierte bauliche Entwicklung des Quartiers mit gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnissen im Quartier selbst sowie in den benachbarten – und potentiell von den Nutzungsänderungen betroffenen - Wohnquartieren zu vereinbaren ist“ (S. 5). Voraussetzung dafür sind folgende beiden Leitprinzipien, die auch für uns handlungsleitende Bedingungen darstellen:

Leitprinzip 1: „Etwaige bauliche Entwicklungen sollten insbesondere dem Leitprinzip des Erhalts der ermittelten Klimafunktionen (Kaltluftabflussgebiet mit Leitbahnfunktion) folgen. Zentraler Baustein ist hier der Erhalt von Strömungsachsen.“ (S. 5)

Leitprinzip 2: „Über das dem Nachbarschaftsschutz folgenden Leitprinzip 1 hinaus gilt es, die humanbioklimatische Situation im Plangebiet selbst möglichst günstig zu gestalten bzw. vor allem einen neuen lokalen „hot-Spot“ zu vermeiden.“ (S. 6)

Wieso wurde der Weiterführung des Planverfahrens zugestimmt?

Diese neue Herangehensweise und das auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz ausgerichtete Leitbild hat den Ausschuss überzeugt und auch wir haben zugestimmt, auf dieser Basis einen konkreten Entwurf zu erarbeiten. Wir geben dem Investor damit die Chance, die richtigen Überlegungen für ein zukunftsfähiges Wohnquartier in Planung umzusetzen, die konkret realisiert werden kann. Bis dahin ist es aber ein weiter Weg, der auch abgebrochen werden kann.

Bei der Abwägung waren uns außerdem folgende Punkte wichtig:

  1. Es ist eine Entscheidung für mehr Wohnraum in unserer Stadt und die Entwicklung eines wirklich zukunftsweisenden Quartiers. Wir stehen hier in einer gesamtstädtischen, wohnungs- und sozialpolitischen Verantwortung. Zumal die Planungen für die in diesem Zusammenhang immer wieder angeführten Wohn- und Gewerbeprojekte Lok-Viertel (2.000 Wohnungen) und Magnum-Areal (900 Wohnungen) im Stadtteil Schinkel auf die nächsten 10-15 Jahren angelegt sind. Der Wohnungsmarkt ist nach wie vor extrem angespannt und gänzlich ohne Neubau wird es nicht gehen. Wir werden im weiteren Verlauf darauf drängen, dass zielgerichtet Mietwohnungsbau, altersgerechte Wohnungen und preisgebundener Wohnraum entsteht. Die Vorgaben aus der städtischen Quotenkarte für sozialgebundenen Wohnraum gelten natürlich auch hier.
     
  2. Die betreffende Fläche liegt nicht in einem Grünen Finger, allerdings ist die stadtklimatische Bedeutung sehr ernst zu nehmen.
     
  3. Am 5. März 2024 hat der Rat nach mehr als zweijähriger Arbeit das integrierte Stadtentwicklungsprogramm (STEP) beschlossen. Das STEP ist das Handlungsprogramm für eine nachhaltige Stadtentwicklung, in dem die verschiedenen Interessen und Belange sowie bestehenden Konzepte, Programme und Zielsetzungen zusammengeführt wurden. Dabei sind auch die sich verändernden ökologischen, klimatischen, wirtschaftlichen, sozialen und demographischen Rahmenbedingungen berücksichtigt. Die in Rede stehende Fläche wurde im Rahmen des Erstellungsprozesses des STEP umfassend geprüft und bei einer Bebauung ein „Fokus auf Maßnahmen der Klimaanpassung“ (STEP-Bericht, S. 334) empfohlen.
     
  4. Die Bezeichnung „Klimaquartier“ hätten wir nicht gewählt, allerdings kann das Baugebiet an der Windthorststraße zum Vorbild für alle anstehenden Projekte im Bereich des flächeneffizienten und klimaverträglichen Bauens werden. Mit dem Erhalt von Durchströmungsachsen für Kaltluft, mehr Wohneinheiten, einer noch stärker verdichteten Bauweise, weniger Stellplätze, dafür Quartiersgaragen und einer intelligenten Nutzung im Bereich von Energie- und Mobilitätsversorgung.

Wie geht es jetzt weiter?

Auf Grundlage des beschlossenen städtebaulichen Leitbildes wird von Seiten des Projektentwicklers, der beteiligten Büros und der Stadtverwaltung ein ausführlicher städtebaulicher Entwurf erarbeitet, der dann im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt vorgelegt und beraten wird. Hier haben alle Fraktionen die Möglichkeit, Änderungen vorzuschlagen und anschließend im Rat die Weiterführung bzw. den Stopp des weiteren Verfahrens zu beschließen. Im Zuge dieses Prozesses erfolgt eine erneute Beteiligung der Öffentlichkeit, die wie schon zuvor ihrerseits Einwände und Stellungnahmen einbringen kann.

Kategorie

Klimaschutz | Stadtentwicklung | Standpunkte | Wohnen

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