Gleiche Rechte für MitarbeiterInnen in kirchlichen Arbeitsverhältnissen

Rede von Felix W. Wurm zur Beschlussvorlage „Gleiche Rechte für MitarbeiterInnen in kirchlichen Arbeitsverhältnissen" in der Ratssitzung am 12. November 2013

13.11.13 –

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,

sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

um Ihnen deutlich zu machen, worum es im Kern des heute vorliegenden Antrages geht, möchte ich mich auf den Zentrumspolitiker Ludwig Windthorst beziehen. Auf den Mann, der hier im historischen Rathaus von Osnabrück mit einem eigens nach ihm benannten Raum geehrt wird. Der von vielen auch heute noch verehrte Ludwig Windthorst hat sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts im Reichstag immer wieder für die im preußisch-protestantisch dominierten Deutschen Reich benachteiligten Katholiken, Polen und Juden eingesetzt. Seine Forderung lautete damals „Gleiches Recht für alle!". Und genau darum geht es heute bei unserem Beschlussvorschlag  – nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Anders als im 19. Jahrhundert und auch in den meisten Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts, als noch mehr als 95% aller deutschen Staatsbürger/innen einer der beiden großen christlichen Kirchen angehörten, hat sich die in Deutschland lebende Bevölkerung in den letzten Jahrzehnten zu einer multireligiösen Gesellschaft entwickelt, in der die Menschen, die keiner kirchlichen Gemeinschaft mehr angehören, bald die größte Gruppe darstellen werden. So hat sich auch in Osnabrück der Anteil der Menschen, die keiner bzw. einer anderen als der christlichen Konfessionen angehören, in den letzten zwanzig Jahren mehr als verdoppelt, d.h. inzwischen auf 32,5%, also ein Drittel der Osnabrücker Bevölkerung.

Aufgrund des heute thematisierten kirchlichen Arbeitsrechtes ist diesem Drittel der Osnabrücker und Osnabrückerinnen der Zugang zu Stellen in kirchlichen Einrichtungen – bis auf sehr wenige Ausnahmen – versagt. Diese Menschen haben sozusagen ein Berufsverbot in vielen – und das betone ich hier extra – fast vollständig vom Staat und nicht aus Kirchensteuermitteln finanzierten Einrichtungen in kirchlicher Trägerschaft. Wir sind der Ansicht, dass dies bei Berufen, die keinen Verkündigungsauftrag haben, so nicht bleiben kann. Es ist doch nicht einzusehen, warum eine von der Stadt finanzierte Stelle für die Schuldnerberatung bei der Caritas oder der Diakonie nur mit einem Christen oder einer Christin besetzt werden kann. Das Gleiche gilt für von der Stadt finanziertes Erziehungspersonal in Kitas und Kindergärten oder in Einrichtungen der Jugendhilfe.

Neben der religiös bedingten Benachteiligung von Nichtchristen bei der Einstellung durch beide großen Konfessionen geht die katholische Kirche leider noch einen Schritt weiter. Sie verlangt von ihren Mitarbeitenden ein privates Verhalten, das den Moralvorstellungen der Kirche entspricht. D.h. Geschiedene, die mit einem neuen Partner zusammenleben, oder Schwule und Lesben, die für ihre Partner Verantwortung übernehmen, sind von Entlassung bedroht. Wir wissen zwar, dass der recht liberale Bischof und der Generalvikar dies nicht so strikt handhaben, wie dies in anderen Bistümern geschieht, aber dennoch sind die betroffenen Mitarbeiter gezwungen, ihre aktuelle Lebenssituation geheim zu halten. Ein wie ich finde unwürdiges Vorgehen.

Wir sehen also dringenden Handlungsbedarf in dieser Sache und fordern deshalb einerseits den Bundesgesetzgeber zum Handeln auf und beauftragen zudem die Verwaltung in Absprache mit den von der Stadt finanzierten kirchlichen Einrichtungen kurzfristig für eine Verbesserung bei den Arbeitnehmerrechten zu sorgen.

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