BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ratsfraktion Osnabrück

Beleuchtete und lichtemittierende Werbeanlagen in Osnabrück

Beleuchtete und lichtemittierende Werbeanlagen in Osnabrück / Anfrage der Gruppe Grüne/SPD/Volt in der Ratssitzung am 07.02.2023

01.02.23 –

Sachverhalt:

Werbeträger und Hinweisschilder sind aus dem Osnabrücker Stadtbild kaum wegzudenken. Vor allem beleuchtete Reklametafeln sind als Außenwerbung für Unternehmen und Gewerbetreibende zunehmend attraktiv. Oftmals zulasten der Anwohner:innen und der unmittelbaren Umgebung, die sich durch die häufig grellen und in Intervallen wechselnden LED-Werbetafeln beeinträchtigt und gestört fühlen. Neben gesundheitlichen Folgen werden in Beschwerden betroffener Bürger:innen auch immer wieder die Themen Lichtverschmutzung und Energieverbrauch angeführt.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Verwaltung:

  1. Wie viele genehmigte beleuchtete oder lichtemittierende Werbeanlagen gibt es aktuell in Osnabrück (möglichst mit Übersicht über die Standorte)?
  2. Auf welcher Rechtsgrundlage und nach welchen Kriterien erfolgt die Genehmigung der Werbeanlagen in Osnabrück?
  3. Welche Regeln haben die Betreiber:innen der Werbeanlagen gegenwärtig – auch unter Berücksichtigung der „Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen“ (EnSikuMaV) – einzuhalten und wie und in welcher Häufigkeit erfolgen Kontrollen auf Einhaltung der geltenden Regelungen?

In ihrer Mitteilungsvorlage vom 31.01.2023 antwortete die Verwaltung wie folgt:

Zu 1.:

In Osnabrück werden eine Vielzahl unterschiedlicher Werbeanlagen betrieben. Es gilt hierbei gilt zu unterscheiden, ob sich die Anlagen auf Privateigentum oder auf öffentlichen Flächen befinden.

Anlagen, die sich auf Privateigentum befinden, z.B. in Vorgärten oder an Hauswänden, befinden sich im Privatbesitz und werden entweder von den Besitzern selbst betrieben oder extern vermietet. Über die genaue Anzahl, Arten und Standorte kann keine exakte Angabe gemacht werden.

Anlagen, die sich im öffentlichen Raum befinden, z.B. auf Gehwegen oder auf Plätzen, befinden sich in der Obhut von Marketing Osnabrück. Die Vermarktung und Bewirtschaftung der Anlagen wurde langfristig an die Firma Ströer Media vergeben.

Ergebnis einer Abfrage bei Marketing Osnabrück bzgl. aktueller Werbearten und Werbestandorte:

Anzahl von Werbeanlagen im öffentlichen Raum:

Beleuchtet:

1x City Star

10x Großflächen beleuchtet

13x Litfaßsäule beleuchtet

Lichtemittierend:

5x Digitale City Light Boards (RoadSideScreens)

2x Mega Light doppelseitig, hinterleuchtet

1x Mega Light einseitig, hinterleuchtet

Unbeleuchtet:

66x City-Light-Poster-Vitrinen freistehend

7x City-Light-Poster-Vitrinen mit Wechsler

5x Großflächen unbeleuchtet

115x Litfaßsäulen unbeleuchtet

182x Mastrahmen DIN A1
(DIN A1-Rahmen an den Laternen)

350x Moskito DIN A1 (Wechselrahmen, Veranstaltungs- und Kulturwerbung)
(DIN A1-Rahmen an den Stromkästen)

7x Uhrensäulen

Zu 2.:

Bei Werbeanlagen handelt es sich um bauliche Anlagen im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO). Rechtsgrundlage für die Ertei­lung einer Baugenehmigung ist § 70 Abs. 1 NBauO. Demnach ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn die Baumaßnahme, soweit sie genehmigungsbedürftig ist und soweit eine Prüfung erforderlich ist, dem öffentlichen Baurecht entspricht.

Nach § 60 Abs. 1 NBauO i. V. m. Anhang 1 Ziffer 10 sind folgende Werbeanlagen ver­fahrensfrei, d. h. sie bedürfen keiner Baugenehmigung:

10.1 Werbeanlagen mit nicht mehr als 1 m² Ansichtsfläche,

10.2 vorübergehend angebrachte oder aufgestellte Werbeanlagen an der Stätte der Leistung, wenn die Anlagen nicht fest mit dem Erdboden oder anderen baulichen Anlagen verbunden sind,

10.3 Werbeanlagen für zeitlich begrenzte Veranstaltungen,

10.4 Werbeanlagen mit nicht mehr als 10 m Höhe an der Stätte der Leistung in durch Bebauungsplan festgesetzten Gewerbe- oder Industriegebieten oder in durch Be­bauungsplan festgesetzten Sondergebieten für eine gewerbe- oder industrieähnliche Nutzung,

10.5 Schilder an öffentlichen Straßen mit Hinweisen über das Fahrverhalten,

10.6 Orientierungs- und Bildtafeln über Radrouten, Wanderwege und Lehrpfade, Schilder, die durch Rechtsvorschrift geschützte Teile von Natur und Landschaft kennzeichnen, sowie Wegweiser zu Stätten, die dem Totengedenken dienen,

10.7 Schilder, die Notfalltreffpunkte kennzeichnen,

10.8 Warenautomaten und Paketstationen, wenn der Brutto-Rauminhalt jeweils nicht mehr als 10 m3 beträgt, außer im Außenbereich

10.9 die

a) mit der Errichtung einer in Nummer 10.5 oder 10.6 genannten Anlage verbundene  Änderung der äußeren Gestalt oder

b) mit der Nutzung einer in Nummer 10.5 oder 10.6 genannten Anlage verbundene Änderung der Nutzung

bestehender baulicher Anlagen, in, auf oder an denen die Anlage angebracht wird.

Sofern eine Genehmigungspflicht vorliegt, ist i. d. R. ein vereinfachtes Baugene­hmi­gungsverfahren nach § 63 NBauO durchzuführen. Danach prüft die Bauaufsichtsbe­hörde die Bauvorlagen auf ihre Vereinbarkeit mit dem städtebaulichen Planungsrecht, den §§ 5 bis 7, 33 Abs. 2 Satz 3, § 41 Abs. 2 Satz 2 und den §§ 47 und 50 NBauO sowie den sonstigen Vorschriften des öffentlichen Rechts im Sinne des § 2 Abs. 17 NBauO.

Für Werbeanlagen ergeben sich die bauordnungsrechtlichen Anforderungen im We-sent­lichen aus § 50 NBauO. Demnach dürfen Werbeanlagen nicht erheblich belästi­gen, insbesondere nicht durch ihre Größe, Häufung, Lichtstärke oder Betriebsweise. Zur Frage der erheblichen Belästigung liegt umfangreiche (ober-) verwaltungsge­richt­liche Rechtsprechung vor, die es bei der Beurteilung der Zulässigkeit zu berück­sich­tigen gilt. Es ist festzustellen, dass in den vergangenen Jahren eine zunehmend offenere/positivere Haltung gegenüber Werbeanlagen in der Rechtsprechung zu beobachten ist.

Werbeanlagen sind, mit einigen in § 50 Abs. 3 Satz 2 NBauO definierten Ausnahmen, im Außenbereich unzulässig und dürfen auch nicht erheblich in den Außenbereich hineinwirken. In Kleinsiedlungsgebieten, reinen Wohngebieten, allgemeinen Wohnge­bieten, Dorfgebieten und Wochenendhausgebieten sowie in Gebieten, die nach ihrer vorhandenen Bebauung den genannten Baugebieten entsprechen, sind nur Werbe­anlagen an der Stätte der Leistung und Anlagen für amtliche Mitteilungen und zur Unterrichtung über kirchliche, kulturelle, politische, sportliche und ähnliche Veran­staltungen zulässig.

An Brücken, Bäumen, Böschungen und Leitungsmasten, die von allgemein zugäng­lichen Verkehrs- oder Grünflächen aus sichtbar sind, dürfen Werbeanlagen nicht an­gebracht sein. Satz 1 gilt nicht für Wandflächen der Widerlager von Brücken.

Werbeanlagen müssen auch weitere Anforderungen der NBauO (z. B. Grenzabstände, § 5 NBauO) einhalten, dürfen keine unzumutbaren Verkehrsbehinderungen hervor­rufen (§ 3 Abs. 1 Satz 2 NBauO) und müssen die planungsrechtlichen Anforderungen erfüllen (z. B. Baugrenzen). Das Denkmalschutzrecht ist zu beachten.

Weitere (ortsrechtliche) Vorgaben werden mit der Satzung über die Gestaltung von Werbeanlagen in der Großen Straße mit näherem Umfeld sowie im nördlichen Ab­schnitt der Johannisstraße (Werbeanalagensatzung Innenstadt), der Satzung der Stadt Osnabrück über besondere Anforderungen an Werbeanlagen im Bereich des Haupt­bahnhofs (Werbeanlagensatzung Hauptbahnhof – WaS Hbf –) und der Örtlichen Bau­vorschrift über die Gestaltung für das Heger-Tor-Viertel (Gestaltungssatzung Heger-Tor-Viertel) getroffen. Eine Werbeanlagensatzung für den Wallring befindet sich derzeit in Aufstellung.

Im Genehmigungsverfahren werden die zuständigen Fachstellen, regelmäßig die Stadt­­planung, die Verkehrslenkung, die Verkehrsplanung und die untere Denkmal­schutzbehörde, beteiligt.

Sofern die Voraussetzungen für die Erteilung der Baugenehmigung vorliegen, ist diese zu erteilen; der Bauaufsichtsbehörde obliegt mithin kein Ermessen bei dieser Entschei­dung.

Zu 3.:

Bei beleuchteten oder selbstleuchtenden (digitalen) Werbeanlagen werden Auflagen in die Baugenehmigung aufgenommen, die verhindern sollen, dass die Verkehrsteil­nehmer über Gebühr abgelenkt oder geblendet werden (keine Verkehrs- und Signal­farben nach RAL, keine blendenden Leuchten, keine Sichtbehinderungen beim Ein- und Ausfahren auf die öffentliche Verkehrsfläche, keine die Verkehrs­teilneh­mer irri­tierenden Reflektionen, keine Beeinträchtigung der Wirkung von Verkehrs­zeichen und Verkehrseinrichtungen bzw. der Sicht auf Verkehrszeichen oder Licht­signalanlagen). Darüber hinaus dürfen ausschließlich stehende Bilder gezeigt werden. Es dürfen keine bewegten Bilder, auch nicht in Teilen bewegte Bilder (sog. Cine­ma­gramme), gezeigt werden. Bildwechsel dürfen höchstens alle 10 Sekunden erfolgen.

Sollten berechtigte Beeinträchtigungen geltend gemacht werden, wird der Betreiber zur unverzüglichen Behebung des Mangels aufgefordert. Andernfalls ist ein Gutachten zur Beurteilung der Lichtimmissionen durch einen Sachverständigen zu erstellen und nach­zureichen.

Nach § 11 der Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirk­same Maßnahmen (Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung - EnSikuMaV) ist der Betrieb beleuchteter oder lichtemittierender Werbeanlagen von 22 Uhr bis 6 Uhr des Folgetages untersagt.

Sofern die Bauaufsichtsbehörde Kenntnis über eine von der Baugenehmigung ab­weichende Ausführung oder bspw. einen Verstoß gegen die EnSikuMaV erlangt, wird der Betreiber im Rahmen einer Anhörung zum Erlass einer Bauaufsichtsanordnung zur Abstellung des Mangels aufgefordert. Nach Erteilung der Baugenehmigung erfolgen bis zur Fertigstellung der Baumaßnahme (Anbringung der Werbeanlage) regelmäßige Baukontrollen (ca. alle 3 Monate), um die Einhaltung des öffentlichen Baurechts zu überprüfen und ein frühzeitiges Einschreiten bei Verstößen zu ermöglichen. Im Falle von (Nachbar-)Beschwerden erfolgen kurzfristige örtliche Überprüfungen.

Kategorie

Anfrage | Energie | Gesundheit, Verbraucherschutz | Natur und Umwelt

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