Risiken aus der Beteiligung an Kohlekraftwerken in NRW

20.10.09 –

Am 3. September 2009 hat das Oberverwaltungsgericht Münster den Bebauungsplan für ein sich bereits im Bau befindliches Kohlekraftwerk der Firma EON aufgehoben (AZ 10 D 121/07.NE). Dabei wurde insbesondere auf die fehlende planerische Absicherung des Standortes im Landesentwicklungsplan verwiesen.

Zudem sei den Interessen des Natur- und Landschaftsschutzes ebenfalls nicht ausreichend Rechnung getragen worden. Zum Beispiel beim Klimaschutz: "Die Vorgaben der Landesplanung zielen (...) auch auf eine Reduktion von Treibhausgasen. Eine solche ist mit dem angefochtenen Bebauungsplan jedoch nicht sichergestellt." (aus der Urteilsbegründung). Es wurde ein weitgehender Baustopp verhängt.

Im Landtag von NRW hat die Wirtschaftsministerin Christa Thoben am 7.10. 09 erklärt, dass eine entsprechende planungsrechtliche Situation für mindestens sieben weitere im Bau befindliche oder geplante Kraftwerke in NRW gegeben sei, darunter die Kohlekraftwerke Lünen (im Bau) und Krefeld (in Planung) und Hamm (im Bau). Nach unserem Kenntnisstand sind an diesen Kohlekraftwerken auch die Stadtwerke Osnabrück beteiligt.

Unter der Annahme, dass die Darstellung von NRW-Wirtschaftsministerin Thoben korrekt ist, dass die Projekte an den drei genannten Standorten im gleichen Maße wie im Fall Datteln planungsrechtlich zweifelhaft sind, fragen wir die Verwaltung:

  1. Welche finanziellen Risiken wären mit einem vorübergehenden oder sogar dauerhaften Baustopp bzw. Planungsstopp verbunden und ist für diese Risiken entsprechend Vorsorge getroffen worden bzw. wird noch zu treffen sein?
  2. Beabsichtigen die Stadtwerke, um ihre Investitionen abzusichern, sich für eine rasche Überarbeitung der Landesplanung in NRW einzusetzen, die u. a. eine Rücknahme der dort formulierten Klimaschutzziele vorsieht, und würde die Verwaltung dies unterstützen?
  3. Wären vom Volumen entsprechende Investitionen in Projekte zur Energiegewinnung aus erneuerbaren Energieträgern vergleichbar riskant gewesen?

Die Stadtwerke AG beantworten die Anfragen wie folgt zu Protokoll:

Auf Basis der bisherigen Prüfung durch Fachjuristen und in Abstimmung mit den örtlichen Behörden gehen die Stadtwerke davon aus, dass das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster auf die im Bau befindlichen Kraftwerksprojekte der Stadtwerke keinen rechtlich bedeutsamen Einfluss hat. Auch die zwischenzeitlich intensiv geführte politische Diskussion in NRW hat gezeigt, dass die planungsrechtliche Situation der in NRW im Bau befindlichen Kraftwerksprojekte sehr unterschiedlich ist und das Urteil des OVG nicht ohne Weiteres auf die anderen derzeit im Bau befindlichen Projekte zu übertragen ist.

Vor allem die vom OVG bemängelte Übereinstimmung des Bebauungsplans mit der Landesentwicklungsplanung ist nach Einschätzung der die Stadtwerke beratenden Rechtsanwälte für die Projekte, an denen die SWO beteiligt sind, nicht relevant, weil die erforderlichen planungsrechtlichen Voraussetzungen zwischenzeitlich bestandskräftig geworden sind. Unabhängig davon, dass die Stadtwerke Osnabrück wenig Einfluss auf die Landesplanung in NRW ausüben könnten, besteht deshalb auch keine Notwendigkeit, sich für die in der Anfrage vorgeschlagene Überarbeitung der Landesplanung in NRW einzusetzen.

Großprojekte weisen neben den unternehmerischen Chancen auch entsprechende Realisierungsrisiken auf. Während für einen Teil der Risiken, insbesondere technischer Art - materielle Vorsorge getroffen werden kann - z. B. Maschinenbruchversicherung – sind insbesondere planungsrechtliche Risiken, die sich z. B. durch die gerichtliche Anfechtung von bereits erteilten Genehmigungen ergeben können, nur begrenzt beeinflussbar und faktisch nicht zu 100 % absicherbar.

Unabhängig davon, dass jedes Kraftwerksprojekt projekt- und standortspezifische Chancen und Risiken aufweist, gilt im Hinblick auf die hier angesprochenen planungsrechtlichen Risiken, dass auch Investitionen in Projekte zur Energiegewinnung aus erneuerbaren Energieträgern derartige Risiken aufweisen, weil bei allen größeren Projekten in der Regel entsprechende Genehmigungsverfahren (Baurecht, Bundesimmissionsschutzgesetz, Wassergesetz …) zu durchlaufen sind, die gerichtlich überprüft werden können.

Der Gesetzgeber macht dabei grundsätzlich keinen Unterschied, um welche Art von Kraftwerksprojekten es sich dabei handelt, da auch die Errichtung von Anlagen zur Nutzung regenerativer Energien in der Regel mit Nutzungskonflikten (Anwohner, Naturschutz, Landschaftsschutz, Gewässerschutz etc.) verbunden sind, die im Rahmen solcher Verfahren zu lösen sind. 

So ist wie für die genannten Kohlekraftwerksprojekte beispielsweise auch für die Errichtung von Windkraftanlagen die Durchführung eines Genehmigungsverfahrens nach dem Baugesetzbuch und nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz vorgeschrieben. Die dabei von den Genehmigungsbehörden zu treffenden Entscheidungen und die damit verbundenen Abwägungen können dabei wie im Fall des Kohlekraftwerks der E.ON in Datteln auf dem Klageweg angefochten und ggf. auch gekippt werden. Verschärft durch die Tatsache, dass gerade bei EEG-geförderten Anlagen aufgrund der jährlich sinkenden Einspeisevergütung in der Regel ein hoher Zeitdruck besteht, sind auch Investitionsprojekte in regenerative Energien mit nicht unerheblichen wirtschaftlichen Risiken verbunden, die letztlich nicht zu 100 % abgesichert werden können, sondern im Rahmen einer unternehmerischen Abwägung der Chancen und Risiken des Projektes bewusst eingegangen werden müssen.

 

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Anfrage | Klimaschutz

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