Kommunale Steuerungsinstrumente für Spielhallen

31.08.10 –

Die planungsrechtlichen Möglichkeiten von Kommunen für oder gegen eine weitere Ansiedlung von Spielhallen (Spielotheken) sind gegenwärtig unzureichend. Verschiedene Kommunen fordern daher ein besseres planungsrechtliches Instrumentarium zur stärkeren Eindämmung entsprechender Gewerbe, da diese in vielen Städten stark zunehmen. Spielhallen in großer Zahl sind nicht nur städtebaulich fragwürdig, sondern fördern auch die Spielsucht. Zudem sind sie auch sicherheitspolitisch nicht unproblematisch. Der bayrische Städtetag fordert aktuell eine Zusatzabgabe auf den Umsatz der Spielhallen, um zum einen die weitere Ausbreitung einzudämmen und zum anderen in finanzpolitisch schwierigen Zeiten kommunale Mehreinnahmen zu generieren. In Bayern werden derzeit 15 % der örtlichen Spielhallen-Umsätze als kommunale Abgabe diskutiert. Wir fragen die Verwaltung: 

  1. Wie viele Spielhallen (Automatenspiel) gibt es derzeit in Osnabrück, wie hat sich die Zahl der Spielhallen in den letzten fünf Jahren entwickelt und verfügt die Verwaltung über betriebswirtschaftliche Kennziffern (Zahl der dort tätigen Mitarbeiter/innen, Umsätze und Gewinne) über sie?
  2. Welche Möglichkeiten (abgabenpolitisch, planungsrechtlich, ordnungsrechtlich) stehen der Stadt zur Verfügung, um Anzahl, Qualität und Standorte von Spielhallen zu steuern und wie wird jeweils deren Wirksamkeit beurteilt?
  3. Verfügt die Stadt über eine Strategie, ein Konzept zur Steuerung?

Die Verwaltung antwortet wie folgt:

Zu 1:

Derzeit gibt es in der Stadt Osnabrück Konzessionen für 73 Spielhallen, verteilt auf 32 Standorte, die von 56 Betreibern geführt werden. Im Vergleich dazu gab es im Jahre 2005 lediglich 52 Spielhallen (Konzessionen) an 29 Standorten, geführt von 50 Betreibern. In diesem Zeitraum wurden 4 Standorte komplett aufgegeben, während 7 Standorte mit Mehrfachkonzessionen neu hinzugekommen sind.

Betriebswirtschaftliche Kennziffern zu den einzelnen Spielhallen stehen der Verwaltung nur begrenzt zur Verfügung. Die Spielhallenbetreiber sind lediglich zur Meldung der monatlichen Einspielergebnisse pro Gerät verpflichtet. Rückschlüsse auf die daraus erzielten Gewinne können daraus jedoch nicht gezogen werden. Weitere Angaben zu den in der Anfrage aufgeführten Punkten wie der Zahl der Mitarbeiter/-innen, Umsätze und Gewinne liegen der Verwaltung nicht vor. Diese Vorlage kann nach der Vergnügungssteuersatzung und nach Gewerberecht in der zurzeit geltenden Fassung auch nicht verlangt werden.

Zu 2:

Für die Errichtung von Spielhallen ist sowohl eine gewerbliche Erlaubnis (Betriebserlaubnis/Konzession) als auch eine Baugenehmigung erforderlich.

Eine Einflussnahme der Verwaltung auf die Qualität der Vergnügungsstätten besteht nicht. Neuere Spielhallen (2007 - 2009) sind vergleichsweise baulich relativ ansprechend gestaltet und mit z. T. durchaus hochwertiger Inneneinrichtung versehen.

Ein mögliches ggf. aber eher schwaches Steuerungsinstrument kann die Spielverordnung sein. Danach darf je 12 m² Fläche ein Geldspielgerät aufgestellt werden, die Anzahl von zwölf Geräten pro Halle darf nicht überschritten werden. Jede Spielhalle muss einen eigenen Eingang von einer allgemein zugänglichen Fläche haben. Bei Mehrfachkonzessionen muss jede Halle gesondert betriebsfähig sein. Gerade bei Spielhallen der "neueren" Generation wird jedoch deutlich, dass die Spielverordnung ein schwaches Steuerungsinstrument ist.

In abgabenpolitischer Hinsicht könnte allenfalls versucht werden, durch die Höhe des Steuersatzes Einfluss auf die Anzahl der Spielhallen zu nehmen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Gesamtbelastung mit Steuern einschließlich der Vergnügungssteuer möglicherweise eine so genannte „erdrosselnde“ Wirkung“ haben könnte, die nach der dazu ergangenen Rechtsprechung unzulässig ist und dann vorliegt, wenn ein normaler bzw. durchschnittlicher Steuerzahler die Steuerbelastung nicht mehr tragen kann.

Welche Steuersätze eine „erdrosselnde“ Wirkung“ haben, ist durch die Rechtsprechung jedoch bisher nicht abschließend geklärt worden. Der Steuersatz in Osnabrück liegt derzeit bei 12 % des Einspielergebnisses; eine Klage dagegen im Hinblick auf eine eventuelle erdrosselnde Wirkung wurde bislang nicht erhoben.

Ob eine Anhebung des Steuersatzes ein geeignetes Mittel zur Reduzierung der Spielhallen sein könnte, muss aus Sicht der Verwaltung als zweifelhaft beurteilt werden. Die letzte Erhöhung von 10 % auf 12 % des Einspielergebnisses zum 01. Mai 2009 hat keine Auswirkungen auf die Anzahl der Spielhallen gezeigt, sondern zu Mehreinnahmen von rd. 230.000,00 € geführt.

Für den Fall, dass der Steuersatz erneut angehoben werden sollte, müsste nach Auffassung der Verwaltung dann schon eher mit Klagen im Hinblick auf eine eventuelle „erdrosselnde Wirkung“ gerechnet werden.

Im Übrigen kann die in der Anfrage geschilderte derzeitige Situation in Bayern nicht zu Vergleichszwecken herangezogen werden, da entgegen der Rechtslage in Niedersachsen nach § 3 Abs. 3 Satz 1 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes in der zurzeit geltenden Fassung eine Vergnügungssteuer nicht erhoben werden darf. Die dort jetzt diskutierte kommunale Abgabe kann daher nur als „Ersatz“ für eine bisher nicht zulässige Vergnügungssteuer angesehen werden.

Nach der Baunutzungsverordnung (BauNVO) sind Spielhallen eine Unterart von „Vergnügungsstätten, zu denen neben den Spielhallen auch Discotheken, Wettbüros, Nachtlokale jeglicher Art, Swinger-Clubs, etc. gehören. Kennzeichnend für diese Betriebsarten ist ein kommerzielles Freizeitangebot, das Geselligkeits-, Spiel- oder Sexualbedürfnisse anspricht. Die BauNVO stellt die allgemeine und ausnahmsweise Zulässigkeit von Vergnügungsstätten für die im Bebauungsplan festgesetzten Nutzungen dar. Generell besteht die Möglichkeit einer planungsrechtlichen Steuerung, indem in einem Bebauungsplan Vergnügungsstätten planungsrechtlich ausgeschlossen werden. Voraussetzung ist dabei der Nachweis, dass „besondere städtebauliche Gründe“ einen solchen Ausschluss rechtfertigen.

 Zu 3:

Über ein gesamtstädtisches, stadtplanerisches Konzept zur planungsrechtlichen Steuerung der Spielhallenentwicklung verfügt die Stadt Osnabrück derzeit nicht. In einem solchen gesamtstädtischen Konzept wäre überprüfbar und nachvollziehbar darzustellen, auf welcher städtebaulichen Grundlage der Ausschluss von Vergnügungsstätten erfolgt. Darzulegen wäre dabei, dass ein Ausschluss erforderlich und auch angemessen im Rahmen der Stadtentwicklung ist (Trading-Down-Effekte in zentralen Stadtquartieren, Fehlbelegungen von Gewerbegebieten).

Gleichwohl gibt es zahlreiche Bebauungspläne – hier vor allem Mischgebiete mit relativ starken Anteilen an Wohnnutzungen oder Gewerbegebiete – in denen ausnahmsweise bzw. allgemein zulässige Vergnügungsstätten explizit ausgeschlossen werden. In diesen Planbereichen widerspricht die Anlageart bei der Gesamtbetrachtung des Plangebietes nach Anzahl, Lage und Umfang der Zweckbestimmung und der Eigenart des Gebietes, und fügt sich dementsprechend nicht ein. In allgemeinen oder reinen Wohngebieten sind diese Vergnügungsstätten unzulässig. Grundsätzlich gilt, dass solche Nutzungen im Stadtgebiet nicht vollständig ausgeschlossen, sondern lediglich räumlich gelenkt werden dürfen.

 

 

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