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13.03.12 –
Laut Rundblick Nr. 37 hat der Bundesfinanzhof am 10. November 2011 ein Urteil zur Ausweitung der Umsatzbesteuerung der „öffentlichen Hand" gefällt. Damit wurde entschieden, „dass nachhaltig und gegen Entgelt erbrachte Leistungen der öffentlichen Hand der Umsatzsteuer unterliegen, wenn diese Tätigkeiten auf zivilrechtlicher Grundlage ausgeführt werden".
Wir fragen daher die Verwaltung:
Die Verwaltung beantwortet die Anfrage wie folgt zu Protokoll:
Zu 1:
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat durch Urteil vom 10. November 2011 (V R 41/10) entschieden, dass nachhaltig und gegen Entgelt erbrachte Leistungen der öffentlichen Hand der Umsatzsteuer unterliegen, wenn diese Tätigkeiten auf zivilrechtlicher Grundlage oder – im Wettbewerb zu Privaten – auf öffentlich-rechtlicher Grundlage ausgeführt werden. Dabei reicht es aus, wenn die Nichtbesteuerung der öffentlichen Hand zu einer nicht nur unbedeutenden Wettbewerbsverzerrung führen würde.
Im Streitfall begehrte eine Gemeinde den Vorsteuerabzug für die Errichtung einer Sport- und Freizeithalle. Die Gemeinde nutzte die Halle für den Schulsport ihrer Schulen, überließ die Halle aber auch gegen Entgelt an private Nutzer sowie an eine Nachbargemeinde für den dortigen Schulunterricht. Der BFH hat die Umsatzsteuerpflicht der Tätigkeit mit Ausnahme der Nutzung für den eigenen Schulsport bejaht. Die Gemeinde ist deshalb zum anteiligen Abzug der Vorsteuer entsprechend der Verwendungsabsicht bei Errichtung der Halle berechtigt.
Von besonderem Interesse ist der Hinweis des BFH, dass auch sogenannte Beistandsleistungen, die zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wie z. B. Gemeinden, erbracht werden, steuerpflichtig sind, sofern es sich um Leistungen handelt, die auch von Privatanbietern erbracht werden können.
Mit dem Urteil setzt der BFH seine jüngere Rechtsprechung konsequent fort, nach der auch die privatrechtlich erteilte Erlaubnis zum Aufstellen von Automaten in Universitäten (BFH vom 15. April 2010 – V R 10/09) oder die Überlassung von Pkw-Stellplätzen in Tiefgaragen durch eine Gemeinde auf hoheitlicher Grundlage als entgeltliche Umsätze der Umsatzsteuer unterliegen (BFH vom 1. Dezember 2011 – V R 1/11).
Die neue Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes, die auf einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes aus dem Jahre 2008 beruht, führt nach Einschätzung der Verwaltung zu einer Ausweitung der Umsatzsteuerpflicht für die öffentliche Hand im Vergleich zur gegenwärtigen Besteuerungspraxis der Finanzverwaltung. Sie kann sich bei Investitionsmaßnahmen wegen des dann möglichen Vorsteuerabzuges aber auch zugunsten der öffentlichen Hand auswirken.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt scheint es der Verwaltung noch verfrüht, die konkreten Auswirkungen des Urteils auf Leistungen der Stadt Osnabrück und ihrer Eigenbetriebe darzustellen. Die Auswirkungen der jüngeren BFH-Urteile werden gegenwärtig von der Finanzverwaltung auf Bund-Länder-Ebene erörtert. Das Bundesfinanzministerium hat mitgeteilt, dass die Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesfinanzhofes vom 10. November 2011 geprüft würden, was einige Zeit in Anspruch nehmen könne. Bis dahin bleibe es für die Beistandsleistungen bei der bisherigen Verwaltungsauffassung.
Mit Schreiben vom 28. Februar 2012 hat sich die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Niedersachsen an das Nds. Finanzministerium gewandt und dieses darum gebeten, kurzfristig auf Bundesebene auf das Bundesministerium für Finanzen einzuwirken, damit die Entscheidung des BFH vom 10. November 2011 durch einen Nichtanwendungserlass zunächst nicht allgemein von der Finanzverwaltung angewandt wird.
Erste kommunale Schlussfolgerungen aus dem Urteil des BFH vom 10. November 2011 zur Umsatzsteuerpflicht der öffentlichen Hand können dem Rundschreiben Nr. 43/2012 des Nds. Städte- und Gemeindebundes vom 1. März 2012 und dem Schreiben des Verbandes kommunaler Unternehmen e. V. (VKU) vom 27. Februar 2012 entnommen werden. Beide Schreiben sind als Anlage beigefügt.
Zu 2:
Unmittelbare Auswirkungen des Urteils des Bundesfinanzhofes vom 10. November 2011 auf die in der Verwaltung angestellten Überlegungen zur Reorganisation der Stadtentwässerung zwischen Stadt und Stadtwerken werden seitens der Verwaltung nicht gesehen. Die geänderten steuerlichen Rahmenbedingungen ergeben sich aus der Reorganisation der Stadtentwässerung selbst und nicht aus der neuen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes im Urteil vom 10. November 2011. Wie der VKU in seinem Schreiben vom 27. Februar 2012 feststellt, ist mit dem Urteil keinesfalls die Einführung einer grundsätzlichen Steuerpflicht kommunaler Entsorgungstätigkeiten (Abwasser/Abfall) zu befürchten. Das Urteil enthalte deutliche Hinweise darauf, dass der BFH insoweit weiterhin von hoheitlichen Tätigkeiten ausgeht.
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