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25.01.22 –
Sachverhalt:
Die rechtliche Situation Geflüchteter aus Afghanistan in Deutschland ist besonders schwierig. Viele haben ein negatives Asylverfahren durchlaufen, denn Afghanistan galt bislang als ein, zumindest in Teilen, sicheres Herkunftsland. Inzwischen ist bei vielen das Asylverfahren abgeschlossen und sie leben mit Duldung in Deutschland, da ein Abschiebestopp nach Afghanistan gilt. Trotz dieser Situation, in der ihre Duldung immer nur für einigen Monate verlängert wurde, sind einige von ihnen in Osnabrück inzwischen vollständig integriert. Sie haben die deutsche Sprache erlernt, befinden sich in Ausbildung oder haben eine Ausbildung erfolgreich abgeschlossen und zahlen in die sozialen Sicherungssysteme ein.
Die derzeitige Praxis der Osnabrücker Ausländerbehörde, die Duldung von afghanischen Geflüchteten immer nur für wenige Monate zu verlängern, führt zu großen Problemen dieser Menschen vor allem im Hinblick auf Vertragsabschlüsse, Wohnungssuche und der Suche nach einem Ausbildungs- bzw. Arbeitsplatz. Viele Arbeitgeber:innen und Ausbildungsbetriebe sind verunsichert, weil die Duldungen nur sehr kurzfristig verlängert werden und teilweise unklar ist, ob die Verlängerung vorliegt bevor die Duldung abläuft. Falls nicht, darf die Person bis zur Verlängerung nicht arbeiten.
Die Voraussetzung für den Erhalt eines Aufenthaltstitels oder einer Ausbildungs-/Beschäftigungsduldung ist die geklärte Identität - vorrangig durch die Vorlage eines gültigen afghanischen Passes.
Eine Passbeschaffung bei der afghanischen Botschaft ist nach aktuellen Erfahrungen von Geflüchteten derzeit nicht möglich, sofern kein abgelaufener afghanischer Pass vorhanden ist.
Sowohl mit als auch ohne Tazkira (zu Deutsch „Staatsbürgerschaftsausweis“, dieses ist ein nationales Personaldokument, das allen Afghan:innen ausgestellt wird, unabhängig davon, ob sie innerhalb oder außerhalb Afghanistans ihren Wohnsitz haben. Es dient als Identitätsund Wohnsitznachweis, vor allem aber als Nachweis der afghanischen Staatsangehörigkeit) erfolgt aktuell keine Ausstellung eines neuen Heimatpasses. Auch die Ausstellung einer neuen Tazkira wurde inzwischen eingestellt.
Auch Personen, die ein erfolgreiches Asylverfahren abgeschlossen haben und subsidiären Schutz oder Abschiebeverbot haben, sind teils von diesem Problem betroffen. Sie erhalten lediglich einen Ausweisersatz und haben damit keinen Pass, um z.B. zu verreisen.
Andere Kommunen stellen afghanischen Geflüchteten derzeit Reiseausweise für Ausländer:innen aus, sofern sie bestimmte Mitwirkungsbemühungen eingereicht haben. Zum Beispiel eine personalisierte Bescheinigung der Botschaft über die Vorsprache. Die Ausländerbehörde der Stadt Osnabrück gibt hierzu bisher keine klare Information, was Personen mit oder ohne Tazkira vorlegen müssen, um einen Reiseausweis für Ausländer:innen zu erhalten.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Verwaltung,
1. ob und unter welchen Bedingungen Geflüchteten aus Afghanistan ein Reiseausweis für Ausländer:innen ausgestellt werden kann, sofern weiterhin die Botschaft in Berlin und das Konsulat in Bonn lediglich bescheinigen, dass Tazkira und Reisepässe aktuell auf Grund von „technischen Schwierigkeiten“ nicht ausgestellt werden?
2. durch welche Mitwirkungshandlungen aktuell Afghan:innen ihrer Identitätsklärung für die Erteilung einer Ausbildungs- oder Beschäftigungsduldung nachkommen können, sofern sie a) eine Tazkira, aber keinen Pass besitzen oder b) weder eine Tazkira, noch einen Pass besitzen?
3. durch welche Mitwirkungshandlungen und unter welchen standardisierten Bedingungen auch Geflüchtete aus anderen Ländern ein Ausweisdokument bzw. einen Aufenthaltstitel seitens der Ausländerbehörde erhalten können?
In ihrer Mitteilungsvorlage vom 31.01.2022 antwortete die Verwaltung wie folgt:
Zu 1.:
Die Bescheinigung der afghanischen Botschaft, mit der auf „technische Schwierigkeiten“ verwiesen wird, wurde der Ausländerbehörde bereits mehrfach vorgelegt und ist dementsprechend bekannt. Gleichwohl wurden der Ausländerbehörde auch in dieser Phase von der afghanischen Botschaft ausgestellte Reisepässe vorgelegt.
Die Prüfung der Ausstellung eines Reiseausweises für Ausländer richtet sich nach den allgemeinen ausländerrechtlichen Vorschriften. Gemäß § 5 Abs. 1 Aufenthalteverordnung kann einem Ausländer, der nachweislich keinen Pass besitzt und ihn nicht auf zumutbare Weise erlangen kann, ein Reiseausweis für Ausländer ausgestellt werden. Reiseausweise für Ausländer sind nur im Einzelfall bei glaubhaft gemachter Unzumutbarkeit auszustellen.
Bei den o.g. bescheinigten Schwierigkeiten bei der Passbeschaffung handelte es sich aus hiesiger Sicht absehbar um ein temporäres Problem. Mit RdErlass vom 14.09.2021 hatte Nds. MI mitgeteilt, dass aktuell zwar keine Abschiebungen nach Afghanistan möglich seien, gleichwohl wurden die Ausländerbehörden aufgefordert, die erforderlichen Vorbereitungsmaßnahmen für eine Aufenthaltsbeendigung, insbesondere das Verfahren zur Identitätsklärung, trotz der Einschränkung im Rückführungsvollzug, weiterhin in eigener Zuständigkeit kontinuierlich zu betreiben. Aus diesem Grund wurde seitens der Ausländerbehörde auch weiterhin ein strenger Maßstab an die Zumutbarkeit bei der Passbeschaffung angelegt und die Betroffenen angehalten, sich weiterhin um die Passbeschaffung zu bemühen.
Nunmehr hat Nds. MI mit RdErlass vom 26.01.2022 klargestellt, dass es belegbare Informationen darüber gibt, dass afghanische Reisepässe über die afghanischen Auslandsvertretungen in der Bundesrepublik Deutschland wieder beschafft werden können und Reiseausweise für Ausländer tatsächlich nur im Einzelfall bei glaubhaft gemachter Unzumutbarkeit ausgestellt werden dürfen.
Zu 2.:
Soweit eine, nach Dokumentenprüfung als echt beurteilte Tazkira mit einer Übersetzung eines vereidigten Dolmetschers vorhanden ist, gilt die Identität des Betroffenen als geklärt.
Die Erteilung einer Ausbildungs- oder Beschäftigungsduldung war und ist weiterhin möglich, soweit die weiteren tatbestandsmäßigen Voraussetzungen erfüllt werden. Dies beinhaltet u.a. auch die Pflicht zur Mitwirkung bei der Beschaffung von Rückreisedokumenten.
Ist weder eine Tazkira noch ein gültiger und anerkannter Heimatpass vorhanden, wird auf die Mitwirkungspflicht i. S. d. § 48 Aufenthaltsgesetz hingewiesen. Die Mitwirkungspflicht sieht eine persönliche Vorsprache zwecks Passbeantragung bei der afghanischen Botschaft vor. Sofern die Ausstellung eines Heimatpasses nicht möglich sein sollte, ist ein entsprechender schriftlicher Nachweis der Botschaft vorzulegen, aus der hervorgeht, dass seitens der Botschaft kein Heimatpass und/ oder Rückreisedokument ausgestellt werden kann (sog. Negativbescheinigung). Sofern kein Verstoß gegen die Mitwirkungspflichten vorliegt, so muss für eine Ausbildungs- bzw. Beschäftigungsduldung dennoch die Identität geklärt werden.
Zu 3.:
Sofern keine asylrechtliche Anerkennung erfolgt ist und ein negativer Abschluss des Asylverfahrens vorliegt, gehört - unabhängig von der Staatsangehörigkeit – eine Klärung der Identität immer zwingend zu den Mitwirkungspflichten. Landesspezifische Unterschiede können sich auf Grund einer ggf. vorliegenden Erlasslage ergeben.
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