Perspektiven in der Integration für OsnabrückerInnen mit Migrationshintergrund

Aktuelle Stunde (TOP 5 a)

14.12.10 –

Herr Meier begründet die Einbringung des Themas namens der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Er macht deutlich, dass die Fraktion das Thema im November für eine aktuelle Stunde angemeldet hatte, als die letzte integrationspolitische Debatte ihren Höhepunkt erreicht hatte. Seinerzeit sei das Thema zugunsten der Haushaltseinbringung zurückgezogen worden; dennoch werde es für erforderlich gehalten, dass sich der Rat mit der Angelegenheit befasse. Er verweist auf die negativen Auswirkungen, die durch die von dem Politiker Sarrazin getätigten Anmerkungen zur Integrationspolitik initiiert wurden. Im Rahmen dieser Debatte seien bedauerlicherweise auch andere Ziele verfolgt worden, als das Thema Integrationspolitik weiterzuentwickeln. Da der Rat der Stadt Osnabrück relativ selten über dieses Thema diskutiere, werde es für erforderlich gehalten, den Bürgerinnen und Bürgern deutlich zu machen, wie die Haltung der Ratsmitglieder zu diesem Thema sei. 

Er hebt die Bedeutung der Städte im Rahmen der Integrationspolitik hervor und zitiert in diesem Zusammenhang den seinerzeitigen Präsidenten des Deutschen Städtetages, Christian Ude, Oberbürgermeister der Stadt München. Er zitiert ferner das von der Bundesregierung eingesetzte Deutsche Institut für Menschenrechte, wonach die Zusammenfassung von Menschen zu Gruppen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit, Kultur oder ihres Herkommensstaates oder die pauschale Zuschreibung bestimmter Eigenschaften wie Integrationsunfähigkeit nicht zielführend seien. Hierdurch werden fundamentale Rechte und die verfassungsrechtlichen Prinzipien der Gleichheit und Diskriminierung verletzt. Er sieht einen zentralen Fehler der jetzigen Debatte darin, dass Menschen mit Migrationshintergrund allzu leicht in Gruppen zusammengefasst werden. In der Pauschalisierung auf die Gruppe der Ausländer werden außerdem sehr viele Menschen zusammengefasst, die bereits seit vielen Jahren Deutsche seien. Er fordert dazu auf, auch in Ratsdebatten die einzelnen Bevölkerungsgruppen differenziert zu betrachten. Im Mittelpunkt der Politik und des politischen Handels sollten die Osnabrücker und Osnabrückerinnen stehen, wie dies in der Überschrift bezeichnet sei. 

Für erfolgreiche Integrationsmaßnahmen sei es erforderlich, dass die Kommunen die Möglichkeit haben müssen, entsprechende Angebote zu machen, wobei diese jedoch derzeit nur unzureichende Unterstützung erfahren. Er bedauert, dass Angebote in Kitas für Sprachunterstützung von Dreijährigen nicht ausreichend gefördert werde. Ferner kritisiert er den Abbruch der Förderung nach dem als wichtig eingestuften unterstützten Brückenjahr, dem Übergang zwischen Kindertagesstätte und Schule. Für die Einrichtung von Sprachlehrklassen für Kinder, die ohne Sprachkenntnisse nach Deutschland kommen, habe man sich zwar intensiv eingesetzt; allerdings seien die hierfür eingerichteten Kapazitäten nicht ausreichend. Ferner verweist er auf den Problembereich „Anerkennung von Abschlüssen/Nachqualifizierung von Menschen mit Migrationshintergrund“. Das strittige Thema Bleiberecht und die Probleme, die im Hinblick auf die Verschlechterung der Bedingungen für Integrationskurse sei in den zuständigen Ausschüssen ausführlich diskutiert worden. 

Er verweist auf das Integrationsleitbild, das der Rat beschlossen habe und ruft dazu auf, dies häufiger bei Entscheidungen in die Betrachtungsweise einzubeziehen. Er äußert seine Zuversicht, dass der Rat der Friedensstadt Osnabrück sich provozierenden und spaltenden Debatten auch weiterhin widersetzen und gemeinsam mit großer Geschlossenheit dafür eintreten möge, dass alle Menschen in Osnabrück die gleichen Chancen zu beruflicher und sozialer Eingliederung erhalten.

Herr Dr. E. h. Brickwedde sieht Übereinstimmungen mit vielen Punkten des vorhergehenden Beitrages. Er ruft zu einem ernsthaften Umgang mit dem Themenkreis auf. Er verweist darauf, dass die Bundesrepublik in den vergangenen Jahren die größte Einwanderungsbewegung zu verzeichnen hatte, die es je in der Geschichte gegeben habe. Der entsprechende Druck auf Deutschland und Europa werde weiterhin zunehmen. Er sieht in der Öffnung des freien Arbeitsmarktes für fast alle osteuropäischen Beitrittsländer der EU die Gefahr, dass für den innereuropäischen Arbeitsmarkt der Druck weiter erhöht werde. Weiterer Druck gehe von den Ländern Nordafrikas und des nahen Ostens aus. 

Er hebt die Bedeutung des positiven Umgangs mit diesem Thema hervor, das jedoch auch erhebliche finanzielle Auswirkungen habe. Er hebt den Willen zur Liberalität und zur Aufnahme von Ausländern und Flüchtlingen – sowie die besonderen Kosten hierfür – hervor und weist darauf hin, dass deren Integration bisher in Osnabrück wie auch der gesamten Bundesrepublik nicht gelungen sei. 

Er verweist auf Angaben des Oberbürgermeisters, wonach in 2009 9,3 Mio. € für Sozialleistungen an Kontingentflüchtlinge aufgewendet wurden, wobei ein hoher Prozentsatz dieser Personengruppe nicht in den Arbeitsmarkt integriert werden konnte. Hieran werde der enorme Handlungsbedarf deutlich. Die bisherigen Maßnahmen bezeichnet er als unzureichend, wobei die Einwanderer oder Flüchtlinge sowohl Pflichten als auch Rechte hätten und auch die Kommunen sowohl Rechte als auch Verpflichtungen wahrzunehmen haben. Er erläutert, dass die Integration von Ausländern in Deutschland mit sehr unterschiedlichem Erfolg gelinge und informiert darüber, dass z.B. die Stadt Stuttgart über eine höhere Ausländerquote verfüge als Berlin, und dort   eine weitaus höhere Integrationsquote als in Berlin zu verzeichnen sei.

Auch in Osnabrück seien gute Erfolge zu verzeichnen, als Schlüssel hierfür hebt er die Bedeutung des Spracherwerbs sowie der kulturellen Integration hervor. Für den Erwerb von Kenntnissen über Verfassung, Spracherwerb und das deutsche Wertesystem seien die Integrationskurse von größter Bedeutung. Er hebt die Verdoppelung der Dotierung von Integrationskursen durch die jetzige Bundesregierung hervor. 

Herr Meimberg weist die Ausführungen von Herrn E. h. Brickwedde zurück, da diese die Situation von Migranten in Osnabrück nicht berührt haben. Er verweist darauf, dass in Osnabrück sowohl zahlreiche ehrenamtliche als auch berufliche Migrationsprojekte durchgeführt werden. Er verweist auf entsprechende Maßnahmen in Schulen und Kindergärten, bei der Jugendberufshilfe, der Stadtteilarbeit, in Sportvereinen sowie in Osnabrücker Betrieben. Sie dienten dem selben Ziel, die ausländischen Mitbürger in Osnabrück zu motivieren, ihnen Entwicklungswege und Unterstützungsleistungen zu eröffnen, die ihnen ansonsten oft verschlossen blieben. Viele Betroffene seien in eigenen Vereinen aktiv, wo sie ihre eigenen Werte in das Stadtleben einbringen. Er verweist in diesem Zusammenhang auf von der Stadtverwaltung organisierte Feste und Festivals und hebt die Bedeutung des städtischen Integrationspreises hervor. An diesen Projekten und Maßnahmen werde für ihn deutlich, dass Integration in Osnabrück gelinge. 

Er hebt in diesem Zusammenhang das Selbstverständnis Osnabrücks als Friedensstadt hervor und verweist ebenfalls auf die bereits zitierten Leitsätze zur Integration, die einstimmig im Rat beschlossen wurden. Er sieht keine Begründung dafür, die Erfolge der Integration in Osnabrück in Zweifel zu ziehen oder die unzureichende Mitarbeit der ausländischen Bürger festzustellen.

Trotz der insgesamt positiven Integrationsleistung in Osnabrück seien die vorgenommen Kürzungen, z. B. im Bereich der Städtebauförderungsmittel des Programms „Soziale Stadt“, sehr zu bedauern. Er fordert, dass die beabsichtigte Umstrukturierung im Referat für Integration und Migration, die Einspareffekte erzielen solle, keine negativen Auswirkungen auf die Migrantenarbeit der Stadt haben dürfe. Dies sei übereinstimmend im Integrationsausschuss festgehalten worden.

Herr Henning fordert, die landes- und bundespolitischen Aspekte des Problembereiches zu betrachten. Er kritisiert, dass die bundes- und landespolitischen Voraussetzungen für erfolgreiche Integrationspolitik derzeit massiv verschlechtert würden und verweist beispielhaft auf die Weigerung des Landes Niedersachsen, Mittel in Höhe von 9,2 Mio. € für die Unterbringung von Kontingentflüchtlingen und Asylbewerbern an die Stadt Osnabrück auszuzahlen. Hierdurch werde das Konnexitätsprinzip verletzt. Die entsprechende Zuweisung des Landes in Höhe von 470.000,00 € kritisiert er als eindeutig unzureichend. Er weist integrationspolitische Kernfeststellungen einiger Bundespolitiker zurück und fordert, die Tatsache, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist, zur Kenntnis zu nehmen. 

Er verweist darauf, dass jede vierte Familie in Osnabrück einen Migrationshintergrund habe. Im Bereich der Wirtschaftspolitik bezeichnet er die Zuwanderung von Ausländern als erforderlich und sieht das Erfordernis, den Zuwanderungsprozess zu steuern. Ferner hebt er das Erfordernis der Chancengleichheit im Bildungssystem für eine erfolgreiche Integrationspolitik hervor. 

Herr Hasskamp kritisiert die teilweise erhebliche Überschreitung der Redezeitabsprache durch die Vorredner und fordert dazu auf, die verabredeten Regelungen mit größerer Disziplin einzuhalten.

Er äußert sich erfreut über die Einbringung des Themas in den Rat und zitiert einige Zeilen aus dem Migrationsmonitoring der Stadt Osnabrück, das im September im Integrationsausschuss vorgestellt wurde und weiterhin unterstützt werden müsse. Den Anteil der Bildungsverlierer unter dem Personenkreis von Menschen mit Migrationshintergrund bezeichnet er nach wie vor als zu hoch. Dies werde auch an dem hohen Anteil dieser Personen an der Arbeitslosenquote deutlich. Er hebt in diesem Zusammenhang die Bedeutung der weiteren Unterstützung der Einrichtung Dammstraße hervor, für die weiterhin auf die Gewährung von Fördermitteln des Bundes gedrängt werden sollte. Die beabsichtigte Umstrukturierung im Referat für Integration und Bildung werde mit Skepsis betrachtet; er fordert den Oberbürgermeister auf, die dort bestehenden Angebote für Bürger mit Migrationshintergrund als Anlaufstelle zu erhalten und keine neuen Hürden für die Inanspruchnahme von Beratungsleistungen aufzubauen. Er verweist ebenfalls auf die Bedeutung des Leitbildes Integration und erinnert daran, dass der Integrationsausschuss im kommenden Jahr auf seine zehnjährige Tätigkeit zurückblicken könne und seinerzeit von der CDU/FDP-Gruppe des Rates installiert worden sei.

Herr Dr. Thiele sieht in der jüngsten bundesweiten Integrationsdebatte den Vorteil, dass das Thema in Osnabrück in den Mittelpunkt gerückt sei, wo allerdings bereits über Parteigrenzen hinweg viele Bestrebungen zur Förderung eines gemeinsamen Lebens aller Nationalitäten zu verzeichnen seien. Er teilt die Sichtweise von Herrn Henning, wonach Deutschland ein Einwanderungsland sei und fordert, die bevorstehenden Prozesse entsprechend zu strukturieren. Er verweist auf das positive Beispiel der Integrationslotsen und die weiteren zahlreichen integrationspolitischen Ansätze in Osnabrtück.

Herr Ratsvorsitzender Thöle bedankt sich für die Ernsthaftigkeit der Debatte  zu dem wichtigen Thema.

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Antrag | Migration, Integration

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