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14.12.10 –
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am 18. November 2010 in einem wegweisenden Grundsatzurteil (Az: BVerwG 3 C 42) die Rechte der Radfahrer als gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer gestärkt. Das Gericht bestätigte – wie schon zuvor der Bayrische Verwaltungsgerichtshof –, dass Radfahrer im Regelfall auf der Fahrbahn fahren dürfen. Der Kläger setzte sich auch in der höchsten Instanz gegen die Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht der Stadt Regensburg durch. Radwege dürfen demnach nur dann als benutzungspflichtig gekennzeichnet werden, wenn aufgrund besonderer örtlicher Verhältnisse eine erheblich erhöhte Gefährdung für die Verkehrsteilnehmer besteht.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Verwaltung:
Mit dem Einverständnis der Fragestelle ergeht die Antwort wie folgt zu Protokoll:
Zu 1:
Grundsätzlich wird die mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts deutlich gewordene Grundrichtung begrüßt, weil damit konsequent die Tendenz zu weniger Verkehrsbeschränkungen (Verkehrszeichen) und zur Stärkung der Eigenverantwortung des einzelnen Verkehrsteilnehmers fortgesetzt wird. Das gilt insbesondere dann auch, wenn es darum geht, Fahrradfahrer als gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer zu etablieren. Folgerichtig macht es Sinn, Radfahrer nicht ausschließlich auf abgesetzte Radwege bzw. auf Hochbord-Rad-Fußwege zu verdrängen, sondern sie mit in den fließenden (Kraftfahrzeug-) Verkehr zu integrieren.
Mit den letzten Fahrradnovellen zur Straßenverkehrsordnung (StVO) wird diese Richtung auch klar vorgegeben und es ist ein grundsätzliches Umdenken bei den Sicherheitsvoraussetzungen für Radfahrer angeschoben worden. Außerdem sind den Verkehrsplanern und den Verkehrsbehörden neue Mittel zur Organisation des sicheren Radverkehrs an die Hand gegeben worden. Beispielsweise kann hier das Führen von Radfahrern auf Fahrbahnniveau und die Verwendung von Schutzstreifen genannt werden. Damit werden Radfahrer deutlich direkter in den fließenden Kfz-Verkehr eingebunden und Konfliktfälle, insbesondere an Kreuzungen und Einmündungen, können minimiert werden.
Die Verkehrsbehörde beurteilt deshalb schon seit geraumer Zeit die Radwegebenutzungspflicht unter diesem anderen Blickwinkel. Bei Neuplanungen wird im Einzelnen hinterfragt, ob die Anordnung der Benutzungspflicht von Radwegen zwingend erforderlich ist oder ob auch Alternativen in Betracht kommen. Es besteht zum Beispiel die Möglichkeit, die Benutzungspflicht von Radwegen auf Hochbord aufzugeben und dennoch die weitere Verwendung der gebauten Radwege dann ohne Benutzungspflicht zu ermöglichen. Selbst bei kombinierten Geh-/Radwegen kann die Benutzungspflicht dadurch aufgegeben werden, dass die Fußgängerbeschilderung mit dem Zusatz „Radfahrer frei“ versehen wird. An vielen Stellen im Stadtgebiet sind diese Grundsätze inzwischen realisiert worden. Beispielsweise wurde die Radwegbenutzungspflicht an der Ameldungstraße aufgegeben und die Schilder entfernt. Die vorhandenen Radwege werden von der Verwaltung im Rahmen der Standardverkehrsschauen schrittweise daraufhin geprüft, ob die Benutzungspflicht noch erforderlich bzw. zulässig ist.
Zu 2:
Neben den rechtlichen Rahmenbedingungen sind für die Verkehrsplanung die fachlichen Regelwerke bedeutsam. In der im Dezember 2010 veröffentlichten „Empfehlungen für Radverkehrsanlagen“ (ERA 2010) werden Einsatzbereiche für die verschiedenen Führungsformen (Mischverkehr, Radfahrstreifen, Schutzstreifen, benutzungspflichtiger Radweg, nicht benutzungspflichtiger Radweg, Gehweg Radfahrer frei) in Abhängigkeit von Kfz-Verkehrsstärken und Geschwindigkeiten vorgeschlagen. Zielsetzung der ERA 2010 und auch der anstehenden StVO-Novelle ist es, den Radverkehr auf Stadtstraßen möglichst im Mischverkehr auf der Fahrbahn zu führen. Der Einsatz von benutzungspflichtigen Radwegen und Radfahrstreifen wird in der ERA ab einer Größenordnung von ca. 900 Kfz/h bei Straßen mit 50 km/h vorgeschlagen. Neu ist die mögliche Kombination verschiedener Führungsformen unterhalb dieser Größenordnung, z. B. Schutzstreifen und Gehweg Radfahrer frei oder Mischverkehr auf der Fahrbahn und auf einem sogenannten anderen (= nicht benutzungspflichtigen) Radweg, um ein Angebot für die verschiedenen Radfahrer zu machen. Bei der Planung der Rehmstraße wurde im Vorgriff auf die ERA 2010 die Kombination Mischverkehr auf der Fahrbahn und auf einem sogenannten anderen Radweg im Seitenbereich vorgesehen. Die Frage der Benutzungspflicht eines baulich angelegten Radweges ist nach der ERA 2010 nicht entscheidend bei der Fragestellung der baulichen Anforderungen, d. h. auch nicht benutzungspflichtige Radwege sind nach einem definierten Mindeststandard herzurichten.
Zu 3:
Bei zukünftigen Verkehrsplanungen wird die Frage der geeigneten Führungsform und einer Benutzungspflicht anhand des dargestellten rechtlichen Rahmens und des Regelwerkes jeweils geprüft werden. Dies geschieht auch jetzt schon bei den laufenden Knotenpunktplanungen, was die zuführenden Straßen angeht.
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