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20.10.09 –
Dem öffentlichen Personenverkehr auf Schiene und Straße kommt, nicht zuletzt angesichts der Klimaschutzziele, zu denen sich die Stadt Osnabrück verpflichtet hat, eine herausgehobene Bedeutung zu. Ohne einen gut ausgebauten ÖPNV auf Schiene und Straße können die Mobilitätsbedürfnisse der Bevölkerung in der Stadtregion Osnabrück nicht befriedigt werden. Ohne Bus und Bahn wären viele zehntausende Pendler aufs Auto angewiesen. Das hätte dramatische Folgen für die Luftqualität und die Lärmbelastung in Osnabrück. Damit der öffentliche Personenverkehr auf Schiene und Straße seine Aufgaben in Zukunft erfüllen kann, bedarf es eines verlässlichen Ordnungsrahmens und einer ausreichenden Finanzierung durch die öffentliche Hand.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Verwaltung:
Die Stadtwerke AG beantworten die Anfrage wie folgt zu Protokoll:
Zu 1:
Wesentliche europäische Regelung zum öffentlichen Verkehr ist die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates. Diese Verordnung ist bis um Dezember 2009 in nationales Recht umzuwandeln bzw. ab diesem Zeitpunkt geltendes Recht. Eine Anpassung des deutschen Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) und ggf. weiterer deutscher Gesetze an die 1370/2007 ist derzeit Gegenstand von Beratungen zwischen Bund und Ländern. Entsprechende Gesetzesinitiativen sind in der gerade begonnenen Legislaturperiode zu erwarten. In der genannten EU-Verordnung werden insbesondere alle Aspekte zu Wettbewerbs-, Vergabe- und Beihilferecht behandelt.
Mit dem Beschluss zur „Betrauung“ für den ÖPNV in Osnabrück sorgt der Rat dafür, dass die Organisation des (straßengebundenen) ÖV für die nächsten 15 Jahre in Osnabrück EU-konform geregelt ist. Diesbezüglich besteht insofern kein weiterer Handlungsbedarf.
Hinsichtlich des Schienenverkehrs ergeben sich aus der EU-Verordnung keine wesentlichen Neuerungen für die Zuständigkeiten im deutschen System (Zuständigkeit für SPNV auf Länderebene).
In Niedersachsen sind alle wesentlichen Regelungen im Niedersächsischen Nahverkehrsgesetz (NNVG) enthalten. Darin wird die Zuständigkeit für den „straßengebundenen“ ÖV (Bus, Straßenbahn, U-Bahn) auf die Kreise und kreisfreien Städte und der für den SPNV (Eisenbahnverkehr) auf die Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) und die Regionen Hannover bzw. Braunschweig festgelegt.
Zu 2:
Als wichtigste landesweite Finanzierungsinstrumente sind einerseits Mittel gemäß dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (Mittel für IV und ÖV auf der Straße) und andererseits Regionalisierungsgesetz (Mittel vom Bund an Länder überwiegend für Betrieb Schiene, in geringem Umfang auch für Investitionen und für ÖV) sowie auch das Bundesschienenwegeausbaugesetz (BSchwAG) zwischen Bund und DB (Mittel ausschließlich für bundeseigene Schieneninfrastruktur) zu nennen.
Die Mittel nach dem Regionalisierungsgesetz fließen nach einem festgelegten Schlüssel an die Länder. Diese sind bestimmt für die Finanzierung des SPNV-Betriebes (sei es der DB oder von anderen Bahngesellschaften). Sofern die Mittel nicht vollständig dafür verwendet werden müssen, können sie auch für Infrastrukturinvestitionen und für den (straßengebundenen) ÖV eingesetzt werden. Einige Länder/Aufgabenträger haben dies getan. So hat Niedersachsen bzw. die LNVG u. a. das Programm „Niedersachsen ist am Zug“ (Verbesserung von SPNV-Stationen) und auch die pauschalen Mittel an die ÖPNV-Aufgabenträger (Städte/Kreise) nach NNVG aus Regionalisierungsmitteln finanziert.
Die geringe Indexierung der Regionalisierungsmittel und die so genannte „Revisionsklausel“ (Überprüfung des Umfangs in regelmäßigen Abständen inkl. Verhandlung Bund/Länder) führen dazu, dass eine langfristige Sicherstellung dieser Mittel aus Sicht der Länder nicht hinreichend geklärt ist.
Bereits heute sind einige Aufgabenträger (z. B. Region Braunschweig und Verkehrsverbund Rhein-Ruhr) nicht in der Lage, aus den Regionalisierungsmitteln den vorhandenen SPNV zu finanzieren. Dort werden zusätzliche Mittel befristet von Kommunen und/oder Ländern zur Verfügung gestellt.
Für die Finanzierung gemäß BSchwAG wird insgesamt eine strukturelle Unterfinanzierung für einen sehr langen Zeitraum erwartet. Bei Beibehaltung der Finanzmittel, wie sie zwischen Bund und DB vereinbart ist (u. a. in der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung LuV), würden die Maßnahmen des vordringlichen Bedarfes (!) des Bundesverkehrswegeplanes bis ca. 2035 – 2038 realisiert werden können. Weitere Maßnahmen erst danach.
Für die gesamte Finanzierung von ÖPNV-Investitionen (außer BSchwAG) weist eine aktuelle Studie des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen, des Deutschen Städtetages und 13 Bundesländern folgenden Finanzierungsbedarf aus:
Für turnusmäßige Reinvestitionen in die Fahrwege und Bahnhöfe der U-Bahnen, Stadt- und Straßenbahnen werden darüber hinaus jährlich 550 Mio. € benötigt. Hiervon können zurzeit aus Eigenmitteln der Aufgabenträger und Infrastrukturbetreiber jährlich 220 Mio. € finanziert werden. Durch die verbleibende Finanzierungslücke erhöht sich der inzwischen auf insgesamt knapp 2,4 Mrd. € aufgelaufene Nachholbedarf für bis heute nicht ausgeführte Reinvestitionen jedes Jahr um weitere 330 Mio. €.
Ferner besteht für die Fahrwege der nichtbundeseigenen Eisenbahnen ein jährlicher Reinvestitionsbedarf für den SPNV in Höhe von etwa 80 Mio. €/Jahr, für dessen Mitfinanzierung aus öffentlichen Kassen derzeit keine gesetzliche Grundlage besteht.
Die bisher genannten Beträge enthalten noch keinen Inflationsfaktor.
Der Bedarf an Neuinvestitionen für ÖPNV-Projekte (ohne BSchwAG) steigt von 1,65 Mrd. € 2007 nominal bis zum Jahr 2015 auf 1,93 Mrd. € p. a. und bis 2025 auf 2,03 Mrd. € p. a.
Die anteilige Deckung dieses Bedarfs durch das GVFG bzw. das Entflechtungsgesetz ist bis 2019 nur teilweise und nach 2019 gar nicht gesichert.
Die derzeitige Finanzierungssituation führt dazu, dass eine Reihe von neuen, bereits projektierten und „beschlossenen“ ÖPNV-Projekten wie beispielsweise die Regio-Stadt-Bahnen in Braunschweig und Kiel auf mindestens Mitte des nächsten Jahrzehnts verschoben worden sind.
Zu 3:
Die Betriebskosten für den SPNV sollen durch die Regionalisierungsmittel abgedeckt werden (siehe oben).
Mittel von Bund und Land für die Betriebskosten des ÖPNV mit Bus und Straßenbahn gibt es nicht. Auch eine Förderung von Fahrzeugbeschaffungen, z. B. besonders umweltfreundlicher Busse, existiert in Niedersachsen schon seit vielen Jahren nicht mehr. Bestimmte finanzielle Zusatzsatzbelastungen des ÖPNV werden durch Tariferstattungen teilweise ausgeglichen. Dies betrifft den Schülerverkehr (§ 45 a PBefG), wobei die Länder die Einnahmeausfälle aufgrund der Preisabsenkung auf 75 % des Regeltarifes teilweise erstatten. Die Mittel werden vereinbarungsgemäß in Niedersachsen pro Jahr um 1 % reduziert. Eine Folgeregelung für den Zeitraum nach 2010 ist derzeit Gegenstand von Gesprächen.
Die Einnahmeausfälle wegen der kostenlosen Beförderung Schwerbehinderter werden ebenfalls teilweise durch Bund/Länder gegen Nachweis ausgeglichen, wobei allerdings ein erheblicher Teil durch die Verkehrsbetriebe (sogenannter Selbstbehalt) selbst zu tragen ist (Neuregelung aufgrund Koch/Steinbrück-Papier).
Die Kreise und kreisfreien Städte erhalten nach dem NNVG pauschale Zuwendungen für Investitionen und neue Betriebsleistungen. Die Stadt Osnabrück erhält knapp 400.000 € p. a., die aber aufgrund von Mittelkürzungen des Landes an anderer Stelle vollständig für die Förderung kleinerer Maßnahmen (z. B. behindertenfreundlicher Ausbau von Haltestellen, Machbarkeitsstudie Haltepunkt Rosenplatz, Marketingaktion FreizeitBus, Unterstützung landesweite Fahrplanauskunft) aufgebraucht werden. Für wirkliche Neuverkehre und größere Projekte sind diese Mittel auch viel zu gering.
Betriebskosten und Re-Investitionen im ÖPNV sind demzufolge entweder aus dem kommunalen Haushalt und/oder von Verkehrsunternehmen selbst aufzuwenden.
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